Donnerstag, 1. Dezember 2011

Fettriefendes Electrosandwich aus Mannheim

Reist man ein Jahr zurück in der Zeit, so wird man gerade eben noch im Jahre 2010 landen, in welchem Disco Monique ihre allererste Veröffentlichung in Form einer gratis herunterladbaren Demo (was hier downloadbar ist) veröffentlichten und loszogen, ihre, als "Maximal Electro Rock" bezeichnete Musik vom Club über Stadthallen bis zum Unifest erschallen zu lassen. An Auftrittsterminen mangelt es ihnen auch im nächsten Jahr nicht, was Grund genug sein sollte, sich die vier Titel auf der "Demo 2010", welche es bei Auftritten auch als (hand?)bemalte CD im Schallplattendesign plus Textkarton gibt, einmal näher anzuhören.

Wabernd-düsterer Elektroklang führt zum beginn in das Stück "Spricht nicht", ehe blitzstakkatoartig Elektrobässe zu ordentlich beckenlastigem Schlagzeug die Gedanken an sphärenartigen dunklen Softpop sogleich hinwegfegen. Nach dieser kurzen Einlage geht der Titel in hektischen und weniger derben elektronischen Klang über zu dem nun in nicht geringem Maße das Schlagzeugs die Beats liefert. Die maschinifizierte und langgezogene Stimme des Sängers setzt ein. Still klagende Verachtung spricht aus ihr, während der Hörer in die Welt der, bei ihrem Anblick kläglich weinenden "Häuserfasaden" entführt wird. Ab und an schreiend und zum Refrain hin wieder in den Schnellstart übergehend, wird eine Geschichte von Träumereien, die unbedingt erfüllt werden müssen erzählt. Apathische Verschlossenheit gegenüber den äußeren Einflüssen lässt die "sie" des Titels hilflos auf ihre Ziele schauen, die nicht hinterfragt werden und immer wieder "zu Staub zerfall`n", um darauf wieder neu geboren zu werden. Kritik an der Konsumgesellschaft, in der der Mensch nebensächlichen Dingen wie hypnotisiert nachrennen soll oder Liebe für ein unerreichbares Idol, wobei der Rest vergessen wird, viele Deutungsmöglichkeiten sind denkbar bei diesem Titel, der mit einem Verzweiflungsschrei über den Zusammenfall, in ihrem Umfeld, vielleicht auch des lyrischen Ichs durch ihre letztliche Apathie, endet.

Deutlich rocklastiger wird es bei "Gespenster". Eine rotzige E-Gittarre macht den Anfang in diesem, man kann wohl sagen elektronisch angerauhten, Titel. Vom Minimal Electro geklautes Geblubber mischt sich nach kurzer Zeit mit ins Klangbild. Auch diesmal wird eine leicht verzerrte Stimme eingesetzt, die von rauher Trauer zu den höchsten Tönen in Millisekunden wechselt, ehe sie zum Refrain durch eine schreiende Zweitstimme unterstützt wird, inklusive lautem "Neeiiin"-Gebrülle, nachdem sich der Titel erst einmal wieder vom einfachen Beat erneut aufbaut. Textlich geht es um große Pläne, die man irgendwann im Laufe der Zeit vollkommen vergessen und vernachlässigt hat. Der Titel setzt in dem Moment an, n welchen auch der Hörer versetzt werden soll, nämlich dann, wenn man merkt, wo man gelandet ist. Doch verharrt der Titel nicht in Ernüchterung, sondern betont, dass es so "nicht enden" muss und man "etwas Bessres" werden kann. Zum Schluss hin, werden auch die "Dämonen" angesprochen, mit denen man wohl leben soll, aber, möglicherweise im Sinne von gesellschaftlichem Miteinander die Anderer vetreiben soll. Insgesamt mein persönlicher Lieblingstrack der vier mit gutem Text und reinhauendem Sound inklusive Nackenschauer.


Als dritter Titel steht "Keiner gesagt" auf der grauen Pappe. Musikalisch zieht sich die gleiche Beatkombination mit kleinen technischen Spielereien durch das gesamte Stück, dessen Text zum Teil fast geradezu zusammenhangslos wirkt. Themensplitter um Geld, heikle Streitsituationen ("ab jetzt verliert wer zuerst spricht"), zusammen mit Sex, ob zu Versöhnung oder nicht, ob angenommen oder nicht. Irgendein herumgestolpere, bis hin zum Alkohol, mit dem man nicht spielen solle. Äußerst verwirrend, vielleicht aber auch ein Zug durch das Leben, in dem man blind mit der "Dummheit" durchfährt. Sollte es dass sein, so ist die Musik dazu recht passend, wenn auch kein musikalischer Höhepunkt.

Das Finale stellt schließlich "Besser wird". Rotzige Gitarrensounds mit knalligem Beat und verzerrter Stimme, die auch mal aggressiver wird machen diesen Titel aus. Darüber zieht sich zumindest zu Beginn geschwungene Maximal Electro Melodie. Textlich wird es noch minimalistischer, die Thematik dreht sich wohl um Trennungen und rechnet mit Gerede, dass alles "besser wird" und "neue[n] Chancen" ab. In dieser Gesellschaft, in der man immer wieder einfach aufstehen und weitermachen soll, vielleicht gar nicht so schlecht einmal zu sagen, dass dies "Quatsch" sei.

Fazit: Die Emoameise von Disco Monique weißt den Weg durch die Depressionen des modernen Menschen in urbaner Umgebung. Mit dieser Musik dürfte man aber tanzend gut wieder hinauskommen. Absolut empfehlenswertes Projekt, das man im Auge behalten sollte und natürlich ein gelungener Einstand. Fetter Electro, klatscht einem direkt in das Gesicht, was durchaus befriedigend ist. Der größte Kritikpunkt dürfte sein, dass es leider nur vier Titel sind.