Freitag, 24. April 2020

Bombenglöckchen: Thomas Park und Bells In The Shadow Of The Bomb


photo by Dan Penschuck (feindesign.de)
design by EMERGE
Auch wenn nicht verständlich, so doch zumindest neu, ist jenes, was das Label attenuation circuit des Schwaben Stadlmeier herausbringt, womit es dem Dienst an der Kunst mehr gerecht wird, als wenn nur der Musik allein gefrönt würde.

Ein Digitalrelease aus dem März mit Röhrenglockenspiel, vielleicht Wassergläsern, Flaschen und Kuhglocken, oder deren Simulation vielleicht durch Granites und Holzelementen, ist das im Titel genannte Werk, das sich über 10 Kompositionen zieht.

Der Beginn dessen wird dabei durch einen stumpfen, monotonen Hauptklang wie von einer Kuhglocke, oder vielleicht gar einer echten Bombenglocke, wie sie teilweise kurz nach dem zweiten Weltkrieg verwendet wurden als alle echten Glocken eingeschmolzen worden wareen, eingeleitet. Dieser Grundton zieht sich durch das gesamte erste Stück, während feine Röhrenglöckchen erklingen und Passagen, die mehr an Wasserglasspiele erinnern, als auch manche Hall- oder Nachklangeffekte, im Hintergrund das ganze zusammenweben.
Etwas gespenstisch wirkt das ganze, menschenentleert. Assoziationen zum umherschwingenden Windspiel, nach oder eben kurz vor dem Bombeneinschlag, wenn die Straßen schon geleert sind oder sich nicht mehr füllen werden, werden geweckt, wobei ursächlich dafür, man bedenke das Warnsignal, nicht nur durch der Titel ist.

Das zweite Stück nimmt sich leicht kindlich melancholisch aus. Mit echten, wohl heruntergeregelten, Kirchenglocken, wird neben durchweg neu angeschlagenem Glockenklang eine Spieluhr das bestimmende Thema sein. Der sakrale Charakter durch die Glocken lässt dies wie ein Requiem wirken, auch wenn es in Teilen meditativ-klösterlich anmutet, insbesondere mit ein paar schellenartig angeschlagenen Glöckchen (oder Gläsern).

Auf diesen meditativen Charakter geht Bomb Bells 3 dann auch tiefer ein. Die spieldosenartige Musik wird langsamer, Glöckchenpulsare branden auf, schwellen ab, verlieren sich in einem Seufzen, das eher an Transrapid denn an Glockenspiel erinnert. Das Tempo der Wiederholungen wird dabei stetig langsamer, die Lautstärke nimmt ab, was den meditativen Charakter unterstreicht, aber auch droht den Hörer mit in Apathie und Schlummer zu ziehen.

Die nächste Komposition nimmt das Thema des vorigen Titels zunächst auf und entwickelt sich aus der Stille dadurch, das darüber nun Klimpern kleiner Glöckchen gelegt wird, das die Gedanken des Hörers eher zerstreut, einzelne Elemente, die Motive von Licht oder Wassergluckern einbringen, werden dazwischengesetzt. Insgesamt wird eine gewisse Grundspannung und Gereiztheit erzeugt, die eine Erwartungshaltung induziert.

Diese wird mit nun vor allem auf schwereren echten Glocken und Viehglocken basierenden Grundelementen fortgeführt, mit einzelnen Zwischenelementen wie dem Hellen Röhrenglöckchendurchspielen. Insgesamt gesehen erscheint es so als würde auf Strukturen der elektronischen Tanzmusik zugegriffen und deren Rezept zum Höhepunktentgegenfiebern genutzt. Ein gewisser Rhythmus lässt sich, wenn man sich genug anstrengt, deutlich erkennen.

Fast zart geht es erhaben weiter mit einigen Schüttelglöckchensounds, die eher an Feiern, Rituale erinnern, während im Hintergrund scheinbar wild weitergeklimpert wird. Einige Ambient-Sounds wie vom Glasblasen gesellen sich im späteren verlauf des Stückes dazu und bilden etwas wie eine Choreinlage. Der wohl bisher hellste und freundlichste Titel des Albums.

Denn danach wird es wieder sehr ruhig bis bedrückend, obwohl der Klangschalencharakter des Meditativen stets mitspielt. Wabernde Glockennachschwingsounds und Holzgeklöppel wirkt zusammen mit Schellen, wobei durch das durch das Holz erzeugte Tropfgeräusch das Ganze wie im Untergrund wirkt, vielleicht ja wie im Luftschutzbunker, in dem mit ein paar Schellen der Alarm aus- oder hereinklingt, wenn die Türen sich nochmal kurz öffnen.

Grillenartiges Zirpen ist der Start des nächsten Stücks. Der Alarmklang aus dem ersten Stück kehrt wieder, während leichtes Glockenspiel und an eine Grotte erinnerndes Wassertropfen im Hintergrund spielt. Man atmet die Ruhe vor dem Sturm, während etwas wie ein Becken nun eine Rolle zu spielen scheint, das leicht mit Metallstäbchen angespielt zu werden scheint, vielleicht auch eine Triangel, und sich versetzt zum Alarmtakt nach Aufkommen ebenfalls bis zum Ende monoton durchzieht. Ein Begrüßungstusch?

Diese beiden Sounds retten sich auch in den vorletzten Teil des Werks, bei dem der Hauptalarm etwas mit Nachklang plärrt, ja kratzt, einige überraschend helle und sanfte eingespielte Elemente lassen die Stimmung lieblich erscheinen trotzdem man in manchen Teilen den Anklang von Flugzeugmotoren zu hören glaubt.

Das Finale startet äußerst reduziert mit äußerst hellen Glockensounds, bevor der Alarm wieder einsetzt, auch mit Kavernensound mit Holzglockengetröpfel. Vom Hauptthema ausbrechende Hintergrundspielereien, die den Sound sanfter machen sind hier sehr reduziert bis nicht vorhanden, wodurch die Grundstimmung finsterer und drängender wird. Erst im letzten Drittel lassen sich wieder ein paar kindlichere Spielereien hören, doch so leise unmarkant, dass sie mehr wie eine blasse Erinnerung wirken. Erkennbar wird vor allem , dass man hier wieder beim Grundthema des Beginns angelangt ist.

Insgesamt lässt sich wohl sagen, dass Bells In The Shadow Of The Bomb mögliche Assoziationen zu brachialen Kriegssounds, einstürzenden Glockentürmen, panischen Warnsignalen, etc. ins Leere laufen lässt. Zwar lässt es diese Motive nicht ganz außen vor, bewegt sich jedoch, wenn man das Bild denn bemühen will, eher im Motiv der Ruhe vor dem Sturm.
Ergebnis ist eine Extended-Windspiel-Edition, die naturnah, menschenleer-kalt, arhythmisch, meditativ und teilweise gar göttlich wirkt. Sehr leicht verliert man sich darin, bisweilen ist es gar einlullend, was das Hörerlebnis nur um so schwerer macht, da die Konzentration stets abzudriften droht. So leicht die Klänge wirken, ein leichtes Album ist dies nicht. Ein ansprechendes allerdings schon und wohl selten bekommt man diese Glockenfixierung so dargeboten, dass man sich fragt, ob dies wirklich alles Glockensounds waren und wenn ja, womit sie erzeugt wurden. Als Pay-what- -you-want sicher eine Obskurität, der man ein Ohr widmen kann, wenn man bereit ist, wenn nicht Geld, so doch zumindest seine Zeit zu investieren.

Und wer weiß, vielleicht hat man dann schon den Soundtrack für den Shutdown der zweiten Coronawelle in den Ohren.

Dienstag, 5. November 2019

Noize Of Life 2019 - Nachbericht

Nach dem audiotrauma fest und dem re:flexions Festival stand am Wochenende vom 24. bis 27.11. das dritte und definitiv größte Festival des Jahres für mich an. Für mich sollte es dank eines Gästelistenplatzes für ein auch sehr gutes Dorau-Konzert am Donnerstag, erst am Freitag beginnen.

Ankunft


Am Donnerstag ging es um kurz vor zwei nur noch ins Hotel, dessen Eingangstür ich möglicherweise etwas unterschätze. Ein Gast aus dem dritten Stock meldete sich, stellte Fragen von oben vor den Hauseingang, wie die, ob man alleine unterwegs sei und erklärte, er würde am nächsten Morgen mir irgendetwas zeigen. Ich dachte noch, dass die Lautstärke ein Problem sein könnte, nachdem er mir unterstellte dreimal statt zweimal zum Zimmer gelaufen zu sein, bot an, darauf zu achten ruhiger zu sein, aber sein Interesse daran war anscheinend nicht sehr ausgeprägt, genauso wenig wie die Frage, ob er mit seinem angestoßenen Dialog nicht selbst wiederum andere Gäste stören könne. Eine liebreizende Begrüßung im schönen Mannheim. Mit dem Hintergedanken einer lehrreichen Vorlesung am nächsten Tag schaute ich dennoch kurz beim Connexion Complex vorbei, ob die Party noch am Laufen war. Sie war es leider nicht. Also zurück ins Hotel und ins Zimmer um noch eine Runde zu schlafen.

Der Freitag


Freitag kurz nach 6 Uhr abends. Ich verließ das Hotel. Dem Menschen vom Vorabend war ich nicht begegnet, vermutlich habe ich verschlafen, wie das halt im Studium teils nicht allzu anders war mit dem ersten Block. Zeit zum Bedauern blieb aber keine, das NOL wartete. Dachte ich und dann wartete doch ich: Der Einlass verzögerte sich. Kurz darauf war Stromausfall, lauschte man eben Geschichten von anderen in der Schlange, auch interessant.
Immerhin vor 19 Uhr ging's dann rein. Mit Getränkegutschein als Entschädigung und kurz darauf einem Gin Tonic in der Hand. Während des letzten Soundchecks nutzte ich die Zeit den Merchmarktplatz zu durchstreifen und die üblichen Verdächtigen zu grüßen.

Nach dem Lösen letzter technischer Schwierigkeiten konnte [basementgrr] starten. Ich hatte gewusst, dass dieser Act zum Raumklang-Label gehörte, das ich mit äußerst ruhigen sphärischen Releases im Gedächtnis hatte, die rhythmische Elemente, wenn, dann auf einem Level betrieben, das konform zur Nutzung als Hintergrundbeschallung und Pausenmusik war. Entsprechend überrascht war ich auf etwas härtere Beats zu treffen, nahezu tanzbar, aber auch mit ruhigen und komplexen Passagen verwoben. Insgesamt ein äußerst ansprechender Start in den Abend, auch hinsichtlich der Visuals auf zwei Leinwänden hinter den Künstlern, welche fast bühnenfüllend waren.

Nach kurzem Gang auf den Dancefloor folgte TE/DIS. Ein Einzelprojekt, das reduzierte Hip Hop Beats mit düsterem Grundsound verbindet und mit Spoken Word mischt. Die vornehmlich tristen Fotos in schwarz-weiß und einer Ästhetik verlassener Orte sollten mich dabei so wenig wie die nicht sonderlich wortgewandt wirkenden Englischfetzen, die ich mitbekam (müsste man vielleicht nochmal nachlesen) oder die ganze auf die Theatralik der angeblich bedeutungsschwangeren Texte abzielende musikalische Gestaltung überzeugen. Ergo Zeit zum Shoppen (Überraschung in der Grabbelkiste des Luidsprekers: Eine Charles Lindbergh n.e.V.-CD, geil!) und für einen Wechsel auf den Tanzflur mit geschmackssicheren DJs. Beim nochmaligen Durchlaufen der Halle wurde stoisch bei jeder vollen Note auf die Digitaldrum gehauen. Diese Spannung, diese Emotionalität hielt ich nicht aus und machte Pause an der frischen Luft.

Danach S.K.E.T.. Nettes Gewummer, angeraute Sounds in schnellem Tempo. Es waren weithin Strukturen des Drum 'n' Bass erkennbar, die von einem stampfenden Grundbeat überlagert wurden, der auch ältere Semester der Rhythm'n'Noise Szene zufriedenstellen dürfte. Die Halle hat sich inzwischen einigermaßen gefüllt, das Duo auf der Bühne heizte zu Visuals aus Liniennetzplänen ordentlich ein. Tanz und Dauerapplaus waren der Lohn. Insgesamt ein Auftritt, auf den auch ich mich einlassen konnte. S.K.E.T. sind sicher nicht der bewusstseinserweiternde Act, der Grenzen sprengt, aber einer der Spaß machte, ohne zu sehr zu posen.

Nachdem ich dies in mein Notizbuch gekritzelt hatte folgten auch schon Synapscape. Rauschen, Beats, Soundscapes in fast orchestraler Art und Weise und verzerrte Stimmen. Gefühlt war das Set etwas druckvoller unterwegs als bei meiner ersten Begegnung mit dem Projekt auf dem audiotrauma fest. Feste Industrialbeats erschallen, Stampfen ohne Unterlass wie man es vom Werk erwartet, aber auch IDM-Titel sind mit eingesprengt oder Ausflüge zu Tribal werden zwischen Kreischen an der Schmerzgrenze und Noisegeballer unternommen. Eine beste Repräsentation dessen was Rhythm'n'Noise ist und sein kann. Rückblickend daher verwunderlich, dass sich der Auftritt nicht nachhaltig eingebrannt hat

Ob man etwas zu Iszoloscope vs. Mike Goedrijk sagen muss? Künstlerisch ist der Auftritt sicherlich nicht in besonderer Weise erwähnenswert. Verarbeitet wurden so ziemlich alle elektronischen Tanzmusikgenres mit einem etwas angerauhten Touch, der etwas wie Harsh Goa entstehen ließ. Dazu dann noch eine Coverversion von Gonna make you sweat (Everybody dance now) und Posieren, als ob man David Guetta wäre. So schlimm das klingt, Spaß hat das trotzdem gemacht: Mir und vielen anderen. Und wenn das der Weg ist, den man gehen will, dann sollen sie eben. Vielleicht nur der Hinweis, das mit solch einem Set auch mehr als das Abklappern der üblichen Szenefestivals möglich ist.

Nach dem Genuss eines Green-Burgers bestehend aus gebratenen Auberginen und Avocadocreme ging es zum letzten Act zurück. Mono No Aware spielte bereits. Der Bass hämmerte hart rhythmisch-arhythmisch. Kleinere Spielereien entwickelten die einzelnen Titel etwas, bei denen klar wurde, weshalb das Projekt bei HANDS unter Vertrag ist. Endlos scheinendes Rumpeln - maschinell wirkend - das sich in den Geist einbrennt und dabei über die Zeit ganz eigene Melodien produziert. Anstatt mit wippenden Füßen wie bei Udo Wiessmanns Winterkälte, wurd versucht eine Energieübertragung zum Publikum nebst der Musik durch das Medium nackter Oberkörper anzugehen. Und tatsächlich war hohe Energie angesagt. Als letzter Act des Abends ballerte Mono No Aware das Publikum bettreif. Vorne wurde getanzt, hinten wurde gewogt, während die Boxen gaben was noch ging.

Ich war danach reichlich fertig. Dieses Projekt zum Schluss war um diese Uhrzeit eigentlich schon zu viel. Da fiel mir auch erst am nächsten Tag auf, dass auf den Flyern ja eigentlich noch Noisuf-X stand. Ich kam auch ohne ihn gut aus. Über die zu später Stunde geöffnete DnB-Party lief ich einmal kurz und verschwand wieder: Schlafen, die Putzfrau des Hotels wollte um 11 putzen.


Der Samstag


Wieder machte der Generator vor dem Einlass schlapp und an diesem Tag sollte es nicht das einzige Mal bleiben.
An diesem Nachmittag weihten Syntech die Bühne ein und boten in etwa das Gegenteil dessen, was ich tags zuvor beim Start erwartet hatte. Oder das gleiche, aber aus einer anderen Erwartungshaltung heraus? Statt dem erwarteten harten Industrialgewitter wird es sphärisch einnehmend, wobei basslastiges Maschinengestampfe natürlich nicht ausbleibt. Ein guter Start, wo ich nur einen mäßigen erwartet hatte. Dieser Sound wirkte etwas komplexer und überlegter als noch bei den früheren Alben von Syntech.

Die danach performende Gruppe Mago hatte ich bisher nicht auf dem Schirm, sie wusste allerdings zu überzeugen. Die Mitglieder nahmen sich dabei zugunsten einer vor ihnen aufgebauten Leinwand für Visuals zurück. Auf dieser wurden Filme in schwarzweiß abgespielt. Ambient-Noise war angesagt, eine gewisse theatralische Dramaturgie nicht ausgespart. In die vollen Soundscapes woben sich die Lyrics, mal lauter, mal murmelnd vorgetragen, in vorbildlicher Weise ein. Technische Fertigkeiten zeigten sich in einer andauernd variierenden Klangkulisse. Hoffentlich eine Gruppe von der in Zukunft noch mehr zu hören sein wird. Einziges Manko: Auf dem DJ-Floor agierte zur gleichen zeit Dirk Geiger mit ebenfalls ruhigen Klängen. Hier hätte man den Timetable sicher besser setzen können.

Für danach hatte sich ant-zen-Labelchef Stefan Alt mit brother in crime als SALT angekündigt. Mit einem mit Tonabnehmer versehenen Cocktailshaker war dieses Projekt auch das erste (Donnerstag ausgespart, da ich darüber nichts sagen kann) Projekt, das bei der Klangerzeugung etwas unkonventioneller zu Werke ging. Ein etwas an Musique Concrète erinnerndes Intro, währenddessen das Künstlergetränk (Gin Tonic?) gemischt wurde, stellte auf ein Set ein, das für Gourmets elektronischer Musik gedacht war. Feine frisch klingende Rhythmiken, Soundscapes, Sprachsamples aus Fernost, wenig tanzbar, aber umso schöner. Mit Fiepen, Bass, Beats und Ambient war alles dabei, was den Geist erweckt und dann... Stromausfall zwei des heutigen Tages. Applaus, Restart und ein restliches Set, das nun natürlich auf einer Pause statt der geleisteten Vorarbeit aufbauen musste. Es gelang halbwegs und schloss mit einer etwas rohen Variante des SALT-Klassikers Fear of Yellow. Merken tat man solch eine Unterbrechung bei solch einem durchdachten Projekt aber stark.

Nach ordentlicher Aufbaupause sollte Beinhaus spielen. Viel hatte ich von dieser Gruppe gehört und doch auch wieder nicht. Der wenige Klang, der an meine Ohren gedrungen war, traf nicht ganz meinen Geschmack, war aber auch nicht allein das Entscheidende. Auf der Bühne standen Rohre, Blech, Schrott, Plastiktonnen, Maurerkellen – das musste die Faszination des old school Industrial gewesen sein. Was ich sah, war eine Show, die allerdings nicht so sehr wie die Vorbilder des Genres auf Wut, sondern mehr auf NDW und Dada aufbaute (und einem Laptop mit Vibrationsproblem). Arhythmisch gedroschenes Blech, minimale Lyrics, teilweise drastisch, teilweise mit Humor. Dazu eine funkenschlagende Flex, deren glühende Erzeugnisse auf die nackten Oberkörper ihres Bedieners und anderer Bandmitglieder trafen. Publikumsinteraktion stand auch auf dem Programm: Scheppernd wurde durch die Meute gegangen, ihnen Drumsticks zur Mitgestaltung überlassen. Wilde und doch kalkulierte Störungen des Erwartbaren und Industrialbeats wie sie klassischer nicht sein könnten machten dies zu einem äußerst aparten Erlebnis.

Nette Entdeckung beim Shopping danach, das wohl noch offiziell unveröffentlichte Album 2 von SALT war bereits erhältlich, einmal mit Kunstdrucken und Download und einmal mit Vinyl. Ant-zen wird die Tonträger also auch nach Blac Kolors Nephi nicht ganz los. Ich holte mir Kunstdrucke mit Download und hinterlegte sie am Merchstand. (Rezension davon folgt möglicherweise)

Der nächste Act erforderte nämlich etwas Körpereinsatz: Es war Blac Kolor. Dieser 1-Release- HANDS-Act, der digital dann doch noch zusätzlich bei sich oder ant-zen oder a+w releast, war bereits bei der letzten Ausgabe dabei – als einer der besseren Acts wohlgemerkt. Und leider mit einer Überschneidung mit end.user, wenn das Gedächtnis nicht täuscht. Diesmal gab es sowas nicht mehr, eine der besten Neuerungen des Festivals. Geboten wurden zwar keine allzu großen Überraschungen, dafür mehr als solider düsterer Techno. Entsprechend dessen wurde der Saal auch ordentlich in Tanzlaune versetzt. Und was durfte dabei nicht fehlen? Natürlich: Stromausfall N°3. Inzwischen war das Technikteam eingespielt. Nach wenigen Minuten lief die Elektrik wieder und es konnte weitergehen. Der Grafiker auf der Bühne heizte nun gefühlt doppelt so stark ein und bekam das NOL tatsächlich nochmal in Stimmung. Von den Befürchtungen die im Podcast zum Lauter Krach Festival geäußert wurden, nämlich ein Schattendasein nach Beinhaus zu fristen, blieb nichts übrig.

Nach etwas Wartezei kam mit Ah Cama-Sotz to Gatto Nero wohl einer der bekanntesten Altvorderen des Festivals. Ich hörte mir etwas den Stampfbeat mit Melodie dahinter an: Gefällig. Und das war das Problem. Dazu: Stromausfall Nummer vier, yay. Ich beschloss meine Kunstdrucke zu holen und machte einen Abstecher zum Hotel, sodass ich pünktlich zum Schluss des Konzerts wieder da war. Zum Abschied von der Bühne schunkelten die Menschen hinter dem Raumklang- und audiophob-Stand: Sie wussten was abging. Ich applaudierte dennoch artig bei meiner Wiederkunft.

Was jetzt noch folgte war Esplendor Geometrico. Ich war etwas raus aus dem Flow, wechselte zwischen den Floors. Die etwas stumpf wirkende Monotonie mit seltenen Vocaleinsprengseln wirkte auf Anhieb nicht sonderlich reizvoll. Und Udo Wiessmann als DJ war ein starker Konkurrent. Entsprechend war der Dancefloor tatsächlich gut gefüllt. Ich lauschte und kehrte doch wieder zurück zum Liveact, tanzte ironisch etwas mit und als der Kreislauf wieder in Gang war doch ernsthaft. Aus Sedierung wurde Hypnose. Dazu Visuals von Massenvolkstänzen aus Kaukasien oder dem nahen Osten. Bis auf kurze Sekundenaussetzer der Beamer blieb man dieses Mal von Technikfehlern verschont. Nachdem es diesmal sogar Zugaben gab, dankte ich mit Applaus und verzog mich auf den Dancefloor von Wiessmann und später auf die für Gäste des NOL nun auch geöffnete Techno-Party. Props an die Djs Dave Phillips (nicht der musique concrète Mensch) und through the night oder so, die geschmettert haben, während unten der Retronaut in der Spätschicht den klassischen Techno auflegte.
Um kurz vor zwei Uhr hatte ich ausgefeiert, Zeit zum Schlafen für den Hotelcheckout.

Der Sonntag


Der Sonntag begann früh. Nach dem Mittagessen bei einem thailändischen Restaurant mit Butzenglasfenstern und ausgebleichter Aushängekarte ging es zurück zum MS Connexion Complex, bei dem Mirko vom audiopho-Label als Spherical Disrupted das Line-Up des Tages anführte.

Sphärisch, mit seltenen Beats untersetzt, wurde zu Filmen der NASA die Space Night begangen. Trotz kraftvoller Musik lag eine tiefe Ruhe im Set, welches unter Unterstützung einer Klangschale ein- und ausgeleitet wurde. Ein Set, das gefangen nahm auf eine leichtere Weise als es der teils düstere Klang vermuten lässt. Am Ende wechselten die Visuals zu Konsequenzen des Klimawandels. Ob das nicht zu spät war (höhö), bleibt ungeklärt.

Man kann mir sagen, was man will, aber der wohl herausragendste Act des Festivals waren Kaffee und Kuchen. Die Kaffeetafel rief und alle kamen sie herbei, dass diesmal nicht ein Schluck Kaffee und ein Stück Kuchen für den Kaffee und den Kuchen bleiben sollte. Die diesmal in orangem Krepp eingewickelten Meister des Krachs, Botschafter der Liebe in Windelhöschen und Springerstiefeln, nahmen es mit Humor und zerschmissen eben was sonst noch auf der Kaffeetafel stand, rieben die Kontaktmikros an allem was ging, warfen die Stahlfässer, die sonst als Tische dienten umher unter den teils ungläubigen, teils amüsierten Blicken des Publikums, das sich dafür eingefunden hatte. Eine erneute Energieleistung, die den Ausbruch aus der Biederkeit der Kaffeetafel und allem Möglichem zelebrierte. Allein, es hätte noch lustiger sein können, hätte man sich weniger gekannt und weniger erwartet. Doch immerhin für genug Menschen war es eine sicher unvergessliche Erfahrung.

Das Projekt Haus am Rand, das dem in der Halle folgte versuchte mit tiefen getragenen Beats, Drones und Hall auf der Stimme einen sakralen Charakter zu schaffen. Das wirkte auf den allerersten Eindruck ergreifend, aber dann auch wieder schnell ermüdend. Interessant wurde das ganze wieder in dem Moment in dem dieses Konzept verworfen und auf Noisegefrickel, Bass und Hall als Kompositionsmittel gesetzt wurde. Damit wurden Sounds eindringlich, bekamen durch den langsamen Grundbeat eine besondere Tiefe, aber auch durch stoßartiges Hauchen des Sängers. Alpine Grenzenlosigkeit und Gefahr schwang mit in einem auf Emotionalität setzenden Set. Dass einem die Messe am Ende schon zu kurz vorkam ist nicht verwunderlich, auch wenn mit der Klangmacht etwas auf die Herzschmerzkarte abgezielt wurde, wie man es vom Kino kennt.

Stampfende Rhythem im Wechsel mit ruhigen experimentellen Passagen. Dass dies das Set von config.sys prägen würde konnte man zu Beginn denken. Wer aber dachte, dass dieses schwer zu erfassende Intellektualprogramm eine Fortsetzung fände sah sich ab etwa dem ersten Viertel des Sets auf die Plätze verwiesen. Knicklichtgeballer übernahm, was manche Teile des Saals goutierten, andere nicht. Insgesamt in meinem Resümee ein recht unspektakulärer Auftritt.

Die Müdigkeit von zweieinhalb Tagen Programm setzte nun verstärkt ein, was Sanctum möglicherweise eine schlechtere Wertung einhandelt, als sie es verdient haben. Die Vierergruppe bot ordentlich Elektronik auf den Tischen (Pedale), Synthie, Laptop und einer Reibeisenstimme. Mit einigen Klangflächen und Noises gefüllte Lücken zwischen langsamen Bassabsonderungen hätten das ganze interessant wirken lassen können, was bei mir aber nicht so ankam. Daran änderten auch einige aufgerauhte Beats mit Gegrowle nichts - dass der Boden bebte machte es nicht mitreißender. Auch wenn die Gruppe ihre Fans gefunden zu haben schien, war es ob der ähnlich wirkenden Strukturen der Tracks eher gleich dem Durchhören der Best of DAF. Das Finale des Sets bot ein punktgenau platzierter, bombastischer Stromausfall.

Nach dadurch verlängerter Pause trat Imminent auf die Bühne und verschwand kurz darauf wieder: Im Nebel. Bekannt war mir das Projekt durch unterkühlte, rhythmische Klänge vom Projekt humanoides Problem. Solo war dies offenbar nicht ganz wofür der Name steht. Harter Techno mit schnellen Sounds, minimalen Wechseln einzelner Elemente: Tanzbar, aber intelligent genug nicht in die Cybergoth-Ecke zu fallen. Das Noise Of Life wurde gefühlt zum ersten Mal an diesem Tag richtig zum Leben erweckt. Kaum jemand blieb noch still stehen, inklusive des hochaktiven Lichttechnikers, der sich dank fehlender Visuals endlich einmal austoben durfte. Am Zustand der Ekstase ändert auch ein weiterer Stromausfall nichts mehr. Imminent spielte weiter und dank anhaltendem Applaus gab es sogar noch die erste Zugabe des Abends, die ausgiebig gefeiert wurde. Rückblickend der beste Act des Sonntags, natürlich nach Kaffee und Kuchen versteht sich.

Es folgte der Soundcheck für Trepaneringsritualen. Eine gefühlte halbe Stunde wurden die Pauken gecheckt. Zeit für den Tanzflur. Ich kam rein: Stromausfall auf dem Tanzflur. Also galt es weiter die Zeit totschlagen, zuschauen wie letzte Checks gemacht wurden. Die Räucherstäbchen neben der aufgestellten Bühnendekoration, die aus Schädel und Kerzenständer bestand, bedufteten bereits den Saal. Ganz klar, wenn erst einmal der Star des europäischen Industrial Ritual aufspielt würd es evil werden - Ob bei 5 Jahren aufnahme + wiedergabe in Berlin oder eben in Mannheim. Blutsack über dem Kopf, angerußter Drummer, Nebel: Es ging los. Getragener Ambient vom Band und gelegentlicher Einsatz der Drums, vor allem aber die absolut zerstörte Stimme des Frontmannes, mal gehaucht, mal geshoutet, was hier wie gegrowlt klang, ließen das ganze eindringlicher wirken als gedacht. Etwas, das bei den meisten Projekten dieser Art nicht funktioniert, sei es weil die Stimme vollkommen überzogen verzerrt wird, Gestiken übertrieben werden oder sich Geräuschen bedient wird, nur um ihrer Wirkung auf ungeschulte Ohren wegen oder man sich gar der Gruselkammer von vor 90 Jahren bedient. Hier stimmten Präsentation und Sound (und vermutlich auch Text?) überein und bildeten ein organisches Gesamtbild. Gegen Langeweile wurde es in späteren Teilen, nachdem auch der Kopfsack abgelegt worden war auch etwas lebendiger. Ist Trepaneringsriualen zwar immer noch kein Act für meinen Geschmack, kann man doch attestieren, dass wenn man in diese Ritual /Martial /Okkult-Richtung gehen möchte, man sich sicher an diesem Projekt ein Beispiel nehmen kann. Da wird vieles richtig und wenig falsch gemacht.

Zu From Andreas Davids to Xotox kann ich nicht mehr allzu viel sagen, da aufgrund anhaltender Müdigkeit der Abend bald nach Beginn für mich beendet war. Es bleibt als erwähnenswert vielleicht nur festzuhalten, dass anstatt auf schnöden Cybergoth in diesem Set mehr auf Lyrics und eine kahle Soundkulisse gesetzt wurde. Das schien sich zum Zeitpunkt des Verlassens der Halle etwas zu wandeln, womit dann allerdings der Zeitpunkt der Heimfahrt recht gut getroffen war. Die „F***IN* NOISIEST TIME“ meines Lebens, womit der Noize of Life-Flyer geworben hatte, hatte ich da auch so schon hinter mir.

Fazit


Aber was heißt das? Das NOL hatte sich angeschickt die Rolle des eingestellten Maschinenfests zu übernehmen. Ich habe die Chance leider nie ergriffen dieses Festival zu besuchen, aber laut Aussagen einiger Anwesender hat das NOL diese Nachfolge nicht ganz antreten können, vor allem hinsichtlich der Besucherzahlen, die hoffentlich ausreichten eine weitere Ausgabe zu rechtfertigen. Insgesamt war dies aber ein recht ansehnliches Festival, mit, wie ich gehört habe, einem qualitativ hochwertigen Donnerstag bei dem, wenn ich gekonnt hätte, mindestens Aphexia mitnehmen hätte wollen und natürlich einem vollen Hauptprogramm, das für die verschiedenen Geschmäcker des Noi(s|z)e-Genres ordentlich etwas bot. Besonders für mich hervorzuheben Imminent, Kaffee und Kuchen, Salt, mago, Spherical Disrupted und [basementgrrr] sowie die Visuals, die von Carsten Stiller verantwortet wurden und für ein funktionierendes Gesamtset einen guten Teil beigetragen haben.

Weiterhin gut getan gegenüber der letzten Ausgabe hat die Entzerrung des Programms auf vier Tage, sodass die 1-Tages-Rosskur mit sich überschneidenden Acts diesmal dankenswerterweise ausblieb. Auch das Programm wirkte dieses Mal attraktiver: Größere Namen, aber auch qualitativer wirkende Acts. Exemplarisch ha man eher langweilig wirkende ach so böse Acts wie Chaos Cascade oder MDS51 rausgeworfen und für diese Fraktion mit Trepaneringsritualen immerhin einen Act geholt, der das richtig macht. Auch sonst gab es weniger an klassische Tanzformate elektronischer Musik angelehnte Acts sowie weniger Cybergoth, was grundsätzlich zu begrüßen ist, auch wenn einzelne Acts wie end.user oder Shorai im letzten Jahr ordentlich Laune gemacht hatten. Man hätte vielleicht auch noch ein paar audiotrauma-Acts dazuholen können: Ein Label, das ich sowohl von den Künstlern als auch vom Merchstand vermisst habe und das wohl, wie kurz nach dem NOL zu lesen war, bis nächstes Jahr seinen Betrieb eingestellt haben wird.

Was die Stromprobleme angeht, sind diese hoffentlich auf dieses Wochenende beschränkt gewesen aufgrund Netzstörungen des Stromversorgers. Immerhin wurde es durch die Notstromversorgung durch Dieselgeneratoren dann doch irgendwie zum Maschinenfest.

Summa summarum war das Noize of Life 2019 ein Fest, für das ich gerne Zeit und Geld gegeben habe und das so in Zukunft wohl wieder tun würde. Großen Dank dafür an alle Beteiligten, die für die Ausrichtung zuständig waren, insbesondere da investierte Arbeit sich in diesem Bereich nicht zwingend bezahlt macht.

Dienstag, 2. April 2019

Zapperlot: From podcast right on CD: Kooky Nuts Pop vol. 2

It's april 2019 and the next part of the series of Kooky Nuts Pop has already been released. Time to put out some collected words about the old volume presenting a 'best of' of the Istota ssaca radio podcast for ... music.

A sampler, why am I writing about a sampler? Because I can.
Why are the musicians present on the sampler doing music? Maybe because they can or at least think so.
It actually doesn't matter that much when talking about this collection of stuff because in this bunch of madness
it's hard to tell if someone is doing a great job or just plugging cinch cables in a broken electronic toy dump.
And yeah, basically that's the resumee right before I started trying to get kind of serious. But maybe we also try that.

It all starts with some intro music including samples from probably different intros. Weird electronic tones and some
voices talking about Kooky Nuts Pop (What do you want? Kooky Nuts Pop) and so on. A fitting intro to this sampler which goes on
with quite a slow minimal track by Colunge with some blibs and blops defining some lounge-like rhythm not missing some dirty tones
thrown in by the artist. It's not that catchy tune or rave track but a nice appetizer for whats up to come next.

The first sparkling star indeed is Wevie at work. Starting also with a slow beat we're getting int some weird computer speech-based job interview.
Everything gets a bit more spheric and a typewriter starts typing through the rest of the song. The conversation with a very rational person also including
some noise sound of not earthed gadgets or something like this. It's also not that great of work but it at least will give one a bit of a smile on the face
and that's when the magic of this compilation starts.

The following Mambo XP38C is presenting the cheapest Mambo rhythmics refined with some percussion effects from something that sounds like a Yamaha keyboard.
There are also some quicker more electric elements later in the track added reminding of some old computer game soundtracks sped up. Maybe they even are just that.
All in all it's a very cliché kind of thing pushing the ones who really need to on the dancefloor. It's kind of catchy, it is kind of danceable yet
it's nothing that appears to be out for that but has more a flavor of nostalgia, very poor wannabe party bands out in the woods and coming along this impression in an
absolutely shameless way. Thiaz Itch is starting an affront against his listeners because this song is everything but not serious. And those still
listening will get to hear more of this.

In this thought the next track is a study of some music box theme. At first starting in a swing setting the light metal teeth sound goes through winter-like
melodies and at lastt some dubstep like passage. Very light food this can of worms.

Kunna Fakta is unlike the others the first track that's kind of working as a nearby normal track you could also expect on some other sampler.
It has the vibe of some chillout techno track mixed with some quirky modulations. That's not enough to be a solid track because it isn't as rich on ideas
as the other pieces of music but is definitely an interlude also imaginable on a dancefloor.

Taking a long walk to the lethe leads through a quiet choo-choo-train intro and leads through some idyllic soundscapes with old accordeon electronics.
Some bell lightened slow dubstep passages let it be also a bit euphoric before all becomes silent. Super sympathique track breaking up the roughness chiptunes has as main characteristic
 most of time.

Spray Poivre is also counting on the sunday walk feeling with Insolite. A bit more sparkling even less rough the sun shines while slendering a path through a lighted forest
and grass landscapes.

Bone Reader is the first track of an artist I knew before. That's not Monster Zoku Onsomb! but the famous Retrigger from Brazil that brought to us such fine Breakcore action
paired with burning theremin action. He remixed the track Bone Reader. What comes out is some outstanding track in Retrigger style. Full party with the probable original lyrics
also with a bit of vodoo flair despite all the artificial elements and the remix. A track taht finitely works for itself and one of my favourites of this compilation.

Wodzirej instead is quite dumb. Most time constant beats little variations but also uneasy listening because of high and low frequent noise put everywhere it fitted and didn't fit.
Uneasy listening pop, impossible for having a party yet with high energy with handclaps for the rhythm.
After giving its first highlight Kooky Nuts Pop crashes the party again with eyes wide open and it doesn't get better

And that's mostly because the lyrics go also down now. Shaked shuffled and sped up vocals
about a nice booty are the main motive of the track. Sounds get slow, sounds get fast, sounds are paired with effects
showing no shame again. Music for a funny interlude or just because one shove the CD in the player and the skip button is too far away.
Sry for not being sry, not my favourite.

Because that's Turbine power, bass, crazyness, beats and the roughness of electronic sounds I personally love so much this work of Jankenpopp kis my absolute favourite.
 I guess it's still a secret hint (Geheimtipp)  looking at the scene but one of the most
remarkable tracks powering almost all the three minutes it lasts for some dancefloor action like your're pumped up with drugs (mostly coffein).

The Tourist Mix of Megami keeps up the speed starting with some DnB going to psytrance going on to Kawaiicore and Gabba and going
back to Kawaiicore again wit some small breakcorish moments in between. Some really fine stuff indeed.

The japano flair is also part of Miranda at least the first minute of the track. Because just when you thought
this compilation finally sitched to party mode Breakmaster Cylinder does just what his name says: Breaks.
Some wub wubs and breaks destroy everything you thought was the potential of this song. Not the track
you'd give props but enough for a good laugh or grin. The first time and all the times later on.

The next protagonist on this sampler is the infamous Captain Credible. Mostly known for pairing his albums with lofi
music maker gear he presents some confusing track about obsolete robots (humans?) batteling for cash.
It's a staccato dancetrack with sounds and beats built in. These are changing nearly all the time the track is running before the final quiet passage
begins sounding like a youtube credit outro. A good track lifting up the mood after the shutdown of the Breakmaster before.

Nie wierze w to slysze is nevertheless more silent again. Smooth sounds for lounges are coming out of the music boxes drifting sometimes into
more psychedelic trippy soundspheres while decorating elements like some queeking catlike synth sound turn from a stylish side dish to
an annoying arhythmic tone popping up in different intensities during the three minutes.
The end is btw. kind of surprising, better have a listen yourself for that. It demystifies the leading smooth sound nevertheless.

The next one is some kind of rework of classical clavicord music. A bit like Scarlatti Goes Electro but a bit slower
and also more minimal. With a more fat than light sound especially in its second half. Roughness is probably intended for title reason.

Poborsk is exploring and reworking the esoteric sounds in Nu Age. Light sounds with some vibe added but nevertheless very near to
the massage and spa feeling. Also some reminiscences to wave sounds are included.

The atmosphere doesn't end with Xylitol's Lupron. A bit ambient, maybe a bit field recording leads
a silent signal through reduced soundscapes and even total silence.

A light sound like taken from the lost test rooms of Portal 2 is the background of the famale voiced cover version of Elvis Presley's Love me tender that follows up.
The song doesn't sound that deep but more like a dreamlike tribute to long forgotten times and a bit saddening.
It's nothing someone would suppose to be an Elvis cover but it's therefore one well done taking the oriiginal as meterial for new aspects, moods and interpretations.

The final title done by Krojc is something minimal techno sound with soundscapes over it as one may has heard it in works
of "Fuck Buttons", (the tracks with less noise and no shouting). Sound is warm, a bit majestic. Sound is going up and developing before going down at the end.
You may want some event instead but this is it. The end of Kooky Nuts Pop vol.2 with a track for starting raves as its last tones.

So time for some final words after over one hour of so called music. Kooky Nuts Pop vol.2 is what it is, a sampler and no album so don't expect an album feeling.
Despite the last few tracks one won't get a consistent mood, feeling or an idea spanning over a long duration. What you get instead
is a shaking mix of lo-fi electro/chiptunes/ambient and breakcorish tracks. Uplifting, chilling, danceable and noisy moods are mixed together and deliver therefore
an astonishing bomb of great and not so great ideas. Euphoria and disappointment are very close on this CD but that's also what the cover suggests with its blue screaming cat.
If you have a listen I'll guess soon you'll wonder why the f*** you gave it a listen and after that why the f*** you're still going on: Absurdity of life is the answer I guess.

A rating is difficult for me but I try. Nevertheless I like the ideas and I like the sampler and also like most of the tracks. There is some filling material
and after all it's still only a sampler. Most of the tracks are from the underground scene getting them to to light for a broader audience which I appreciate.
But most of the artists are therefore also not the peak of the iceberg because reasons.
So I'll give it something like 3.3/5 a very solid sampler worth a listen, comparable with the ancient Party Ruiners series the Ego Twister label used to publish.
Not a must buy but a can buy. Works especially fine as a funny present. Think about it before buying handcuffs or dildos for your friend instead.

CD in digipak and pwyw download available on https://istotne-nagr.bandcamp.com/album/kooky-nuts-pop-vol-2

Donnerstag, 26. Juli 2018

Standardwerke der Musikgeschichte: Benoît and the Mandelbrots - Syff002

Seit dem Tag, an dem diese Platte zu mir ins Haus gekommen war, habe ich versucht ein paar Worte darüber zu verlieren und es ist mir bis auf ein paar wenige Sätze über die erste von vier Seiten bis heute nicht gelungen. Und diese paar Sätze sind auf irgendeinem Rechner gelandet, den ich gerade nicht mehr ausfindig machen kann. Höchste Zeit also neu zu beginnen!

Verschiedene Formen unterstreichen den hohen Anspruch des Projekts
Doch worum geht es? Syff002 ist nicht wirklich ein aussagekräftiger Titel, insbesondere wenn man bedenkt, dass dieses Label erst eine 'richtige' andere Veröffentlichung aufweist (siehe Link). Und doch hat man es hier mit einem Dokument nicht nur der Gruppe Benoît and the Mandelbrots, sondern einer ganzen Musikszene namens Live-Coding zu tun. Zumeist mit Leben gefüllt auf sogenannten Algoraves steht dieser Begriff für algorithmische Musik, die zumeist live vor den Augen des Publikums als Visuals programmiert wird. Auch live gecodete Bilderfolgen können dabei ein Teil der Performance sein.

Seit 2009 bildet die hier vertretene Gruppe dabei einen elementaren Bestandteil dieser Szene. Mittlerweile etwas verstreut und inaktiv, kann man nur von Glück reden, dass hier ein Zeugnis dieser sonst nur live anzutreffenden Musikform, abgelegt wurde. Wie es standesgemäß ist, wurden dabei auch die auf der Platte vertretenen Stücke in improvisierten Coding-Sessions erstellt.

Das erste dieser so entstandenen Stücke trägt den Namen der Stadt in der Benoît and the Mandelbrots entstanden und über die größte Zeit ihres Bestehens auch wirkten: Karlsruhe.
Krrr tschhhh schrapschrappsproing
Mit leichtem Tuten und knarzen, das sich aus Schallplattenknistern herauskristallisiert fängt das Stück an. Eine lauter werdendes Loungethema fließt aus dem Hintergrund dazu und haftet als dauerhafte Ambientstimmung zur Verbindung und Übertönung des Piepens und des Klackerns zwischen Ratsche und Fahrradspeichen, welches im späteren Verlauf um Geräusche wie fallende Steinchen ergänzt wird, bevor sich der Klang hinter der wabernden Ambient-Soundwand stetig zurückzieht. Diese wird dabei teils etwas schriller teils mit düsterem Timbre versehen und bildet mit leichten Windspielglöckchen im Hintergrund das bestimmende Motiv in der zweiten Hälfte, in der diese dann auch träumerisch-nostalgischer und leichter, fast elysisch-erhaben wirkt. Insgesamt ein sehr leichtes träumerisches Stück, das man vielleicht am ehesten mit einem warmen Sommertag in der Fächerstad assoziieren kann.

A
Guritchi/ That did it geht dem entgegen vollkommen ungelenk schnatternd los. Glitchbassboxstimulanzien und gefühlte 1000 Sprungfedern, die entfernt an das Intro von Bela Lugosi's Dead erinnen, erwarten den Hörer zu Beginn. Ein rauschendes Stampfen tritt dazu wie von überlasteten Rechnern und beschwört ein Inferno aus modularem Geräusch und schreienden Industrienadeldruckern herauf, ehe das Stück in diese Noisegewitter endet. Kurz gesagt eine entsprechend des Titels Glitchvariante des Codemöglichen.

B
Auf Seite B folgt mit Tranceportation der Dance-Titel des Albums. Mit Stimulanzien, die an Tropfen auf umgedrehte Plastikeimer erinnern, startet ein mitreißender Track mit treibendem Beat unter Leitung einer oszillierenden flächigen Leitmelodie über Höhen und Tiefen, schnelle und langsame Fahrgewässer. In einem einlullenden Moment übernimmt schließlich der Beat die Leitung und erinnert an die Ravemusik des Kollegen und Labelchefs Dunard. Etwas wilder treibt der Track mit einigen Rauscheblitzen und Beataneinanderreihung dem Höhepunkt entgegen, nur um sich zwischendurch nochmal Zeit für Pausen und Modulationsspielchen zu nehmen. Verfremdetes Zuggeheul und Dampf machen das Warten auf den Drop unerträglich
und dieser kommt denn auch nicht. Stattdessen sinkt der Track zurück ins nichts.

Nach einer Pause kommt als Zwischenspiel lautstark anschwellendes Brummen, das in Folge etwas gedämpft wird, aber mit Bearbeitung kratzende Soundintervalle mit einem leichten Hauch vorbeiziehender Düsenjäger bildet.

Auf Platte zwei beginnt es recht düster kammermusikmäßig in Classic. Telefontuten und ein Stil, wie man ihn vielleicht von experimentellen 80er-Jahre-Synthiegruppen kennt. Ein blubbernder Synthiesound steigert sich stoppt und fängt von neuem an, wird lauter, löst sich in einem
C
trackbestimmenden Krisseln und Hintergrundstörgeräusch auf aus dem zwischenzeitlich ein hallreiches Hämmern hervorgeht. Bei allen weiter auftretenden, weiter hallreichen Effekten, bleibt dabei der gediegene sanfte Stil erhalten, der irgendwann auch wieder etwas an den Eingangstrack Karlsruhe zurückerinnert. Sanft endet der Track mit letzten Piepgeräuschen, nachdem der Sound von Flammengeräuschen weggebrannt wird.

Im Folgenden sehr stressig und schnell geht Gurke voran. Kleine gestockte Mikrogeräusche geben neben Helikopterartigem einen schnellen Schritt vor unterdessen mit Meeresrauschen ein Tuka-Tuka-Rhythmus hinzukommt. Von links, rechts, oben und unten geht so ein wildes Getrommel und Flipper eine Symbiose ein. Die aufblitzenden Glitschschrittvorgaben werden kratziger und schnarrender, das wild Potpourri stärker. Einige Zeit treibt diese überfordernde Dengelei weiter ihr Unwesen, bis frisch brechendes Glas im Vordergrund die letzten tiefen Metalleinschläge zur letzten Ruhe begleitet. Noiseartig lebendig mit Remniszensen an IDM lässt sich der Stil zusammenfassend noch am ehesten beschreiben.

Grainface entwickelt sich aus Drones wie aus der Höhle. Elektronische Zuckungen, wie Rufe unbekannter Fledermäuse reihen sich ohne Pause aneinander, während der Höhlendrone medi
D
tativ durchgehend weiterwirkt. Dessen Entwicklung geht gen Gong mit schleichender Fortführung in esoterisch-mystische Gefilde, spätestens erkennbar wenn Klänge wie von Schellen zu vernehmen sind. Der ruhige Track zum Räucherstäbchen abbrennen lassen wird im späteren Verlauf mit synthetischen leichten Datengewittern angereichert. Ma assoziiert gespielte Sägen, die teils über den sich monoton wiederholenden Hall legen. Der Track wird mit diesen stark künstlichen Elementen leicht belebter, zu einer Art Fiebertraum, wie ihn schon das Maserngesicht als Titel nahelegt. Zum Ende flaut der Track wieder ab und in die rituelle Grundstimmung zuvor zurück.

Als Outro: Glockengeläut.


Als Download sind noch weitere Titel anzutreffen, welche im Folgenden jedoch nicht besprochen werden. Stattdessen soll der Versuch eines Fazits dieses Albums unternommen werden. Ein nicht ganz so einfaches Unterfangen, denn ein klassisches Album ist syff#002 sicherlich nicht. Verschiedenartigste komplexe Soundkompositionen lassen kein Leitthema oder übergeordnete Idee erkennen, klassische Übergänge zwischen den Stücken sind schwer bis gar nicht auszumachen.
Trotzdem bietet jeder Titel für sich eine anregende Reise in die digitale Kunstklangwelt des Live-Codings, wobei die fehlende Gesamtidee zur Stärke wird. Das Album bietet so nämlich einen Rundumschlag dessen, was mit algorithmischer Musik geboten werden kann und ist so hör- und erlebbares Dokument der sonst so flüchtigen Live-Szene, das man sich ohne Reue in das heimische Regal holen kann: Musik zum Musik erleben und Tranceportation als Part jedes guten DJ-Sets.

Sonstiges: Das Album kommt als Doppel-Vinyl in aufklappbarem Packung mit Live-Visual-Ästhetik versehen. Dazu gibt es einen innenliegenden Downloadcode für die Tracks der Platte + Download-only tracks (Achtung! Download ohne die Kurzen Endexperimentalstücke auf den Seiten B und D).

Bestellbar ist die Platte augenblicklich auf der bandcamp-Sdeite des Labels sowie bei den dort aufgelisteten Shopseiten:
Syff

Sonntag, 1. April 2018

Arbeit? Arbeit Arbeit. Zur Arbeit I von RLW und PAAK

Zum Osterabend bin ich endlich einmal wach genug gewesen und habe die richtige Stimmung und Zeit gehabt, die Platte "Zur Arbeit I" auf den heimischen Teller zu legen. Zwar habe ich sie mir schon einmal zu Gemüte geführt seit den zwei Monaten, in denen sie in meinem Besitz ist, aber Genuss und Verständnis solcher Musik lassen dann doch etwas zu wünschen übrig, wenn man eigentlich schon dabei ist ins Bett zu fallen. Denn mit einer Sache kann man sich bei Veröffentlichungen des Augsburger Labels attenuation circuit sicher sein: Easy Listening bekommt man von dieser Seite nicht serviert. Und das ist auch gut so!
Gleichwohl hat man es in meinen Augen mit den vorliegenden Kompositionen mit Hintergrundmusik zu tun. Ein Zitat Karl Marx' bildet die einführenden Worte des Begleittextes der Platte. Der Arbeiter, "der seine eigene Haut zu Markt getragen hat und nun nichts andres zu erwarten hat als die - Gerberei", bildet den Leitgedanken des Albums, ergänzt um die Erleichterungen des 20. Jahrhunderts wie "Schnaps, Kantine & Sozialwohnung", zwei davon vertont auf dem Tonträger, die jedoch im 21. Jhdt. z.T. wieder wegfielen, zugunsten der Gerberei.

Bedeutungsschwangere Erklärungen zu Ralf Wehowsky, der hinter RLW steckt lasse ich einmal beiseite, da das von meiner Seite vorgeheucheltes Wissen wäre und jene, die dies erwarten, werden ja wohl selbst genug über ihn wissen.

Seite 1

Auf Schnaps jedenfalls jedenfalls kann man zwei unterschiedliche Motive erhören. Eines ist an der Straße mit geschäftigem Treiben zu verorten. Hupen, das Meer, etwas sirenenartiges (Anlieferverkehr?) ist zu vernehmen und wird abgelöst durch wirres Klaviergeklimper und umgekehrt. Arbeitsalltag und vermeintliche Erleichterung, zwei Teile, die mit vorbeischreitender Zeit immer weniger auseinanderzuhalten sind. Die klimpernden Phasen wirken dabei immer ekstatischer und nehmen Oberhand. Doch erhaben
Plitscheplatsche - welch feuchtfröhliches Cover
klingen sie nie, sondern stets billig, schräg, gedämpft und bieder, dabei jedoch auch aufdringlich. Eine Mischung aus gedämpftem Unterwassertotentanz à la Neue Rungholter Tänze, Sonntagsradio und mit späterem Einsetzen der Rhythmusbox auch Disco. Die konkreten Werkszenen lösen sich auf in dieser Masse, werden von Rauschen übertönt und verschwinden im weiteren Verlauf nahezu restlos in einem Delirium der Unterhaltung, in das falsch geblasene Engelsflötentöne gelockt haben. Klassische Streicher, vermutlich aus einem Kinoschinken, begleiten das Drama, bis es am Ende in lautem Rauschen und Wellenschlag endet. Blackout oder Kopf über der Toilette, wer weiß das schon? Gleichzeitig kommen wir wieder zurück in die Realität und damit vermutlich zur Arbeit. Wenig gruselig, doch etwas verstörend endet die Reise in tägliche Tristesse, durchbrochen von Genüssen, die eher sedierend denn erholend wirken. 

Seite 2


Es ist blau
Da kann dann vielleicht wenigstens die Kantine auf Seite 2 Abhilfe schaffen. Küchenchef dieser ist PAAK. Was dabei allerdings aus den Boxen hämmert, wirkt eher nach Arbeitermassen, die sich den Fleischtöpfen entgegenschieben. Wabernde Störgeräusche, Hämmern und Kratzen wirken eher, als sei man in einer Fabrikhalle. Einzigen Ruhepol bieten Gesprächsfetzen von Menschen, bei denen teilweise nicht klar auszumachen ist, ob mn es mit Gesprächen oder einem *omnomnom* als Zeichen schnellen Schlingens und Kauens zu tun hat. Als Komposition bietet der Titel eine leicht unheimliche Soundlandschaft, mit ein bisschen Veträumtheit und einem PVC-Boden-Charme Marke 70er Jahre.

"Arbeit, Arbeit, Arbeit. Arbeit? Arbeit!", so startet der letzte Titel des Albums "Gerberei". Dumpfe hallende Geräusche geben einen nicht mitreißenden Beat vor und mischen sich mit Arbeitsgeräuschen von Sägen und Signaltönen. Im ersten Abschnitt laut, dann immer gedämpfter, darüber gelegt eine triste getragene Melodei, die entfernt an den Schnaps von Seite 1 erinnert. Leicht beruhigt melancholisch gehen diese beiden Ströme eine Melange ein, dazu als Kommentar: "Arbeit? Arbeit, Arbeit, Arbeit." Alles verliert sich langsam mit etwas space-artigen Klängen und wiedereinsetzendem Anfangsbeat, dann kommt nach Pause Teil drei. Die melancholische Klangkulisse wird übertönt von nun wieder lauteren Werkgeräuschen, die nun wesentlich härter klingen. "Aaaarbeiit" tönt es dazu nun langsam und kraftlos. Die Haut scheint endgültig dem Markt geopfert zu sein. Etwas zieht es sich noch hin, dann ist es vorbei.

Fazit

Sie glauben an nichts mehr? Hier finden Sie Halt.
Was bleibt zu sagen: Eine Schallplatte, ein Kommentar und zwar kein positiv ausfallender über verlorene Arbeiter, die sich der Arbeit hingaben. Ernüchternde Darstellungen von vermeintlichen Segnungen, Orte vorausgeplanter Freude: Massennotbeglückungsanstalten für die Mittagspause, dazu nach Feierabend Produkte zur Ruhigstellung. Glück in geregelten Bahnen, Glück in Schnapsgläsern, die sich hier mit Wellengeräuschen reingekippt werden: Zur Arbeit I liefert keine großen Schrecken, keinen Mittelfinger an die Arbeit, aber dafür einige Szenarien klanglich umgesetzt, die trotzdem dem Motto "Arbeit ist scheiße" genügend Futter geben, nur auf eine äußerst dezente Weise.

Aber gibt es auch noch etwas außerhalb des Kommentars? Abgesehen von Botschaften ist die Stimmung, die diese Platte musikalisch innehat schwerer zu vermitteln und doch greift aus meiner Sicht heraus der Begriff 'erdend' am ehesten. So aufwühlend amelodisch Schnaps in Teilen auch ist, ist es doch der Anfang einer Spirale nach unten. Etwas aufwendiger als Ambient über zum Teil industrialartige Episoden und Klassik hinweg liefert diese Musique Concrète-Kollaboration ein unwohles Gefühl in der Magengrube kurz vor ins Bett schluchzen. Die perfekte Musik für den anspruchsvolle Musik liebenden Goth an einem Sonntagabend, bevor es am nächsten Tag wieder "zur Arbeit" geht und Zyniker, vielleicht auch noch ein paar andere Menschen.

Geliefert wird die Platte in dunklem, (schwer) durchsichtigem Blau mit Informationsblatt über Auflage, Beteiligte, verwendete Musikunstrumente und der eingangs erwähnten Erklärung. Dazu gibt es eine nummerierte Plastikhülle und einen Downloadcode.

Montag, 12. Februar 2018

Audiotrauma Fest 2k18 - Eindrucksverarbeitung

Vor ein paar Jahren fing es an, im Zuge der Frage, ob und was man gemeinsam unternehmen könnte erwähnte ich halb im Spaß einem Freund gegenüber das erste Audiotraumafest. Das Label hatte ich eigentlich nur durch Sonic Area gekannt, den ich einmal für das AKK in Karlsruhe gebucht hatte und wollte zufällig davor nachschauen, was dieses Label sonst noch macht, wobei gerade zu dieser Zeit Tickets für die erste Ausgabe verkauft wurden. Für etwas über 60€ gab es das volle 2-Tage-Programm inklusive Hostel inmitten der Prager Innenstadt. Mein Freund hatte dann tatsächlich auch Bock und so fuhren wir damals.

Ich bin bis heute kein wirklicher Festivalfan, die Fahrt ist weit, Geld muss gewechselt werden, man ist im Ausland und muss seine Sprachskills wieder schärfen.

Es war nun das dritte Audiotraumafest, ich war das dritte Mal dort.

Warum? Weil es passt. Coole Leute, tolle Stadt und ein Line-Up das von hypnothisch sphärisch bis völliger Elektroindustrialwand alles liefert, was man sich erträumen kann. Über die zwei Tage Festival im Club Nová Chmelnice will ich im folgenden Text gerne ein paar Worte verlieren:


Freitag


Etwas nach 18:00 Uhr schlendern wir entspannt in den Club und wechseln die Tickets um in Bändchen. Im Hauptsaal versuchen Menschen noch einen Beamer aufzuhängen. Die Halle ist noch leer, was DJ K.oz nicht davon abhält bereits aufzulegen. Dezente Beats stimmen auf den Abend ein und so langsam strömen ein paar Leute herein, während schon Aleph mit flüssigem Übergang den DJ an den Pulten beerbt und seinen Liveauftritt beginnt.
Sehr ruhig gehalten wird vollelektronisch Musik zusammengesetzt. Sehr smooth das ganze, ja hypnotisch würde man fast meinen. Das Ganze bat nicht auf die Tanzfläche, versuchte auch erst gar nicht wie normale Warm-Up-Bands das Publikum anzuheizen. Stattdessen saß man auf den wenigen Stühlen am Rand und konnte sich des Gefühls nicht erwehren an der Bar zu sitzen und sich ruhig den Tag durch den Kopf gehen zu lassen. (Achtung! Kein Vergleich mit Musik, die in Bars gespielt wird)

Danach übernahm r.roo und hatte ich nach Hören des Albums Shilly Shally, das äußerst ruhig und unterkühlte elektronische Musik bot, jetzt eine noch weitere loungisierung des Abends erwartet, war dieses Set tatsächlich überraschend warm und in Teilen tanzbar. Zu hören war guter Minimal Electro, mit teils lustigen Passagen, die etwas an Leierkastenmusik auf Jahrmärkten erinnerte und ihren Teil zu diesem überaus interessanten Set beitrugen, das mit sehr reduzierten Mitteln sehr viel erreichte.

Das Duo Ex_Tension, welches im Anschluss auftrat hatte mit mit einem Keyboard und Synthesizer mehr Technik auf die Bühne gebracht. Zu hören waren etwas härtere Beats in rhythmischer Manier, angereichert durch einige Noise- und Halleffekte, die der Keyboarder beisteuerte. Vielleicht schon als EBM bezeichbar, kamen hier jedoch immer Nuancenänderungen und Effekte dazu, die das ganze nie zu stumpf wirken ließen. Etwas irritierend waren die etwas ausschweifenden Gesten und Gepose der beiden, insbesondere des Keyboarders, sobald eine Pause an den Geräten möglich schien, was bei der Qualität der Performance allerdings verzeihbar war. Eine Fanbase, die das goutierte gab es den Reaktionen entsprechend zudem vor Ort.

Mit Architect war im Anschluss einer der großen Namen des Festivals am Start. Meine Erwartungen waren dennoch nicht allzu hoch, auch weil ich nicht allzu viel im Vorfeld davon gehört hatte, aber deutscher Industrial allzu oft in meinen Augen aus stumpfem langsamen Techno ohne besonders viel Abwechslung bestand. Zum Aufbau wurde denn auch der Beamer in Position gebracht, der allerdings später als der Architekt sein Video vorstellen wollte nicht funktionierte. Ob das am Gerät oder an einem anscheinend neu hinzugekommenen Balken, der mitten im Lichtstrahl hing lag, war als Außenstehender schwer nachzuvollziehen.
Mit aufgebaut wurden auch zwei massive Bodentrommeln und ich sah meine schlimmsten Befürchtungen schon bestätigt, spätestens als der Bass laut ertönte und der Bass den ganzen Saal zum Vibrieren brachte. Was dann jedoch geschah waren Breaks, Verzerrungen, Scratches und Live-Remixqualitäten des eigenen Werks allererster Güte. Mit wenig Mitteln legte Architect einen euphorisierenden Auftritt hin, mit einer Bühnenperformance voller Lebendigkeit, die nicht zuletzt auch aufgrund des Körperbaus überraschte. Lieder wurden unterbrochen und neu gestartet mit neuer Bearbeitung, die Trommeln wurden beinahe in die Knie gezwungen und all das sorgte dafür, dass es eben nicht einschläferndes Gewummer, sondern vitalisierender Noize (mit z) wurde und mit einer der besten Acts des Festivals.

Gleiches lässt sich aus meiner Sicht von Moaan Exis (soll das mehr als moan axis oder moan(ing) excess gedacht sein?) nicht behaupten. Zwar hatten diese sicher eine gute Grundausstattung mit Synthie und einem vollen Drumset, das sie auch zu bedienen wissen. Dem monotonen Geprügel, das aus beiden Tonerzeugern kam, konnte ich allerdings auch beim letzten Mal bereits nichts abgewinnen. Dass der Beamer streikte bewahrte den Zuschauer in dieser Ausgabe vielleicht auch vor den repetitiven Pornokaleidoskopen, welche das letzte Mal genauso einfallslos die ganze Zeit in Dauerschleife liefen. Vielleicht braucht man da einen besonderen Zugang, wenn man den Vibe spürt, es gibt ja durchaus eine Fanbase, doch immer dann wenn Kunstpausen waren, oder vielleicht mal eine Änderung, eine Bereicherung des Sounds angemessen gewesen wäre, war die Antwort doch stets nur lauter und heftiger weiterzuprügeln. Und auch Moaan Exis sparten nicht am Gepose mit ihren nackten Oberkörpern, im Gegensatz zu Ex_Tension aber wesentlich weniger gerechtfertigt.

Und dann war noch ein großer Name im Rennen: Ambassador21. Hatte ich im Vorjahr noch zu Elektrodauerfeuer von Illegal Trade abgespackt, war diesmal das Hauptprojekt zu Gast. Mit Gitarre und Schlagzeug als Verstärkung zur Elektronik, wurde ein düsteres Gewitter stampfender elektronischer Musik abgeliefert, zu gesprochen-geschrienen Lyrics. Am ersten Abend, zugegebenermaßen leicht überfordernd nach einem ausgedehnten Lauf durch die Prager Innenstadt, aber überfordernd muss dieser Stil ja auch sein. Das bekamen sie auch gut hin. Die paar Minuten, die ich dann mithalten konnte waren auch äußerst befriedigend. Ein Auftritt voller Energie, Kraft und, man sollte es nicht meinen, auch Musikalität.

Zu den Klängen von DJ Paradroid, der durchaus nicht schlecht war, ging es zurück gen Hostel.


Samstag


Diesmal etwas später hineingekommen, bekam man noch etwas von DJ S. Alt mit, der als Herr an den Decks die meiste Zeit mit den Händen hinter dem Rücken stand. Mehr brauchte der Großmeister des ant-zen Labels auch nicht für ein ansprechendes Set aus Industrial.

Den Abend eröffnet im Anschluss Amesha Spenta. Die elektronische Musik mit einem ordentlichen Schuss Orient versetzt, bot eine Wohltat für die Ohren. Dabei war die Live-Performance, was das elektronische anbelangt recht reduziert, da allem Anschein nach außer dem gelegentlichen Starten von Presets nichts geschah. Das erklärte sich jedoch alsbald, als zur Gitarre gegriffen wurde und mit virtuosen Walls of Sound eine Symbiose mit den Klangstrukturen aus dem Computer geschaffen wurde. Ein guter Einstieg in Abend zwei.

Was dem folgte, toppte das ganze aber noch einmal spielend. Mit Atonalist war ein Duo anwesend, deren Musik genau der Grund ist, weshalb das Audiotrauma Fest so eine gute Adresse ist. Hier gibt es noch Klangkompositionen im Bereich der Unterhaltungsmusik, die tatsächlich noch neu und unverbraucht klingen. Im Falle von The Atonalist wurde mittels Bassklarinetten, Saxophon, Gitarre und Trompete die Klangfassade, die aus Ambient, Drone, Industrial und auch mal Noise bestand ergänzt. Ebenfalls vom Band kam die Stimme Gavin Fridays. Wie das zusammenpasste, wird man in Schriftform kaum erkennen können. Funktioniert hat es allerdings sehr wohl. Ein Groove zwischen moderner E-Musik, Free Jazz und treibender elektronischer Rhythmik und Arhythmik. Eine Erfrischungskur für Geist und Körper gleichermaßen und für mich auch der beste Act des gesamten Festivals. Wenn man es noch nicht getan hat, sollte man sich diese Gruppe unbedingt einmal anhören.

Übertreffen konnte das die im Anschluss spielende Ecstasphere dementsprechend nicht. Im Gegenteil war es schwer einen Zugang zu finden. Zwischen Industrial und IDM wurde versucht zu wandeln, aber es wirkte gleichzeitig so, als habe man von allem zu viel auf einmal gewollt. Lyrics, halbgares Gitarrenspiel, Synthesizer und zwischendrin Stampfpassagen, was allles allzu oft wie zufällig hingewürfelt wirkte. In schlechten Momenten wirkte es so, als wäre man auf dem 0815 Cybergothfloor aufgewacht. Andere Momente wirkten dann, als hätte man einen nicht so guten Remix von Sonic Area-Stücken vorgenommen. In der zweiten Hälfte war ansatzweise Potential erkennbar, aber überzeugend war dieser Auftritt nicht, wenn auch besser als Moaan Exis.

Auch keinen wirklichen Zugang wollte mir zu dem Duo Cardinal Noire gelingen. Zwar brachten diese eine solide elektronisch-experimentale Basis für ihren vordergründigen Stampfbeat zustande, auf den geschrien wurde. Einen etwas hölzernen Eindruck vermied dies aber nicht, auch nicht, dass der Auftritt dann doch einige Längen mit sich brachte.

Das war hingegen bei den folgenden Chrysalide wie auch die letzten beiden Male nicht der Fall. Ich weiß nicht, ob ich persönlich jemals wirklich mitgegangen bin. Und auch dieses Mal, schaute ich mir das ganze auch wieder vom Rand an, während die Kernband von audiotrauma aufdrehte. Erst mit dem klassischen Intro „Who's still alive“ und „Traders must die“, danach wild durch das Schaffen hindurch. Geshoute und Harsh Electro der allerbesten Sorte, klassisch verschmierte Gesichter und eine Meute, die in völlige Ekstase geriet, ließen das dann allerdings auch von außen ein ziemliches Spektakel werden. Eine brutale Soundkulisse, gepaart mit den ersten Crowdsurfingeinheiten von Arnaud Coeffic bis zur Bar am anderen Ende des Saales machten aus der Performance ein umschmetterndes Kraftpaket.

Das Finale boten Horskh mit einiger Verspätung nach dem Intro, was aufgrund der Länge der Pause wohl eher technische Störung als Kunstpause war. Mit Schlagzeug und oberkörperfreiem Trommler sowie einer Person am Synthie ausgestattet, boten sie ein ähnliches Bild wie Moaan Exis, zeigten allerdings auch, wie man so etwas dann in gut aufziehen kann. Zwar gab es auch hier ein elektronisches Brett vor den Latz geknallt und gab der Trommler alles, aber immer um Abwechslungsreichtum bemüht und aufgelockert durch Lyrics. Eine Zuschauerschar, die noch einmal alles gab und den Sänger in Akkordarbeit auf Händen trug, waren der Dank dafür. Etwas übertrieben wurde es allerdings, als fast die Ausrüstung des angestammten Audiotrauma-Filmers bei einer zuschauerinternen Surfaktion in die Brüche ging. Kratzig, Harsh und beatbetont gestaltete sich so die letzte Runde des Auditraumafestivals. Horskh boten definitiv einen würdigen Schlusspunkt unter eine ganze Reihe bemerkenswerter Bands.

Danach gabs allerdings noch etwas Aftershowgetanze zu DJ 141. Hatte dieser beim letzten Audiotraumafest noch das Pech aufgrund der zu früh beendeten Warm-Up-Party stehts auf den nächsten Tag vertröstet zu werden und so am Ende komplett ausfiel, durfte er dieses mal endlich sein Können unter Beweis stellen. Breakcore und Drum'n'Bass standen dabei auf dem Speiseplan, der tatsächlich noch einmal einige müde Knochen aufleben ließ, bevor es dann auch aus Rücksicht auf die am nächsten Tag folgende Heimfahrt etwas vor Schluss zurück zum Hostel ging.

Fazit


Zum Abschluss bleibt zu sagen: Wieder ein herausragendes Festival, selbst wenn nicht alle Acts überzeugten, bei solch einer Anzahl von Acts ist das auch aufgrund von Geschmacksunterschieden nicht auszuschließen. Es war unterhaltend, hat vielen Projekten eine Bühne geboten, die sonst nicht Mainstream genug sind und es hat neue Perspektiven auf populäre elektronische Musikgenres geworfen, bei denen man allzu oft wirklich progressive Abwandlungen vermisst. Ich hoffe jedenfalls auf eine Neuauflage im nächsten Jahr und auf viele coole Releases dieses Labels bis dahin. Ohne Audiotrauma würde eindeutig etwas fehlen.

Sonntag, 19. März 2017

Opa Jott-On Fleek

Der Künstler, dessen Debut ich nun ein paar Worte widmen will, ist ein umtriebiger Geselle. Bei jeder Gelegenheit infiltriert er leere leere Räume um sie zu Begegnisstätten mit Kunst zu machen. Die Rede ist von Jörg Hartmann, der sich vornehmlich im universitären Umfeld Karlsruhes durch sein Seminar für experimentelles Schreiben, und als Kurator der Präsentationsabende eben dieses unter dem Titel „KITeratur“ einen Namen gemacht hat. Ist er zufällig gerade nicht damit beschäftigt, erlebt man ihn auch mal als Opa Jott, wenn verquere Lyrikfetzen auf funky-groovige Musik treffen, auf facebook: Selten. Was der Großvater nun wirklich hinter seinem weißen Schleierbart versteckt hält, wird indes nun auf diesem Album präsentiert, bei der nicht zuletzt auch diese Rezension Teil der Werbekampagne ist. Für fleißige opatreue Hofberichterstattung winkt jedem/r Vorab-RezensionsverfasserIn nämlich ein persönlich beklebter USB-Stick mit dem Album. Allein schon deshalb sollte niemand diese Rezension ernst nehmen, denn hier wird geballte Propaganda unters Volk gemischt, Erwartungen hochgeschraubt, kurz: Die Nachfrage gestärkt, alles nur, damit Herr Dr. Jörg Martin Hartmann genug Geld für sein inzwischen schon drittes Speedboat auf sein Konto scheffeln kann. Und das natürlich völlig zurecht, wie Sie nun gleich lesen können werden, denn so ein Album haben Sie bislang noch nicht erlebt. Rap wird nie mehr das selbe sein und Sie werden sich grämen und Knirschen in der erlöschenden Glut der Abgehängten, wenn Sie nicht dieses Album kaufen werden. Doch nun ein paar Worte dazuzum Album:

Was sich durch das Album als vielleicht sogar einziger Faden zieht ist Style. Und das hat in diesem Fall nichts mit Gangsterimage, Verschwörungstheorien à la Prinz Pi oder Doubletimerap nach Kollegah-Art zu tun. Dieses Album und Opa Jott beweisen hier grundlegend andere Qualitäten. So überraschen die „Beats“ hier mit Komplexität, Atmosphäre und Ideen, ja, stehen eigentlich sogar im Vordergrund, während sich die sanfte Stimme des Opas als Begleitung dazugesellt, sehr prominent etwa in den Stücken Zeitlos, Nacht oder Geistertanz zu belauschen, welche allerdings auch nur die ruhigeren Vertreter dieser Sprach-Melodie-Symbiose sind und was, wie man dann etwa in Pump hört, auch etwas aktiver geht.

Doch das ist natürlich nicht die einzige Komponente dieser Albummischung. Denn wo Style ist, ist Swag nicht weit und schon weiß man, welche Art von Wortschatz man vorfinden wird. Denglisch, Jugendsprech und HipHop-Fachbegriffe, sind zwar bei weitem nicht derart häufig wie beim Wiener Original, dafür wohlgesetzt an den denkbar ungeeignetsten Stellen, so wird tief einfühlsam gedancet in Clubnacht, wird upgeturnt in Baem mit extra Schnappatmung und die Eisbiene ist fly. Beispiele gibt es wie Sand am Meer und jene leiten auch in den letzten bestimmenden Faktor:

Denn dieser ist ein überbordernder kreativer Humor, der sich nicht nur an groben Themen wie dreieinhalb Minuten Abfeiern des Kindereisbechers Eisbiene mit Technoeinlage, Vampirgeschichten oder der Junkienummer Dämonen festmachen lässt, sondern auch an einzelnen Textstellen, wenn etwa der Mond ins Ghetto kracht, wenn an seinem schwarzen Blick gesippt wird, man wie Gneis im Sommer glänzt, die Beine Dr. Sommer kennen oder ein Assoziationsspiel zum Hardcore Pumperbattlerap inklusive Aerobicsound stilisiert wird.

Es wird an allen Enden etwas geboten, meist mit einem einem ironischen Augenschlag, bei dem man gar nicht davon auszugehen braucht, dass dies jedermanns Sache ist, denn ob man nun die Textbilder und Witze akzeptiert und sich mitnehmen lässt oder in Fremdscham ob der Attitüde von Opa Jott versinkt, wird sicher manchen bei Hören der Klänge umtreiben und vermutlich nicht allzu viel von der Öffentlichkeit als Publikum übrig lassen. Oder zumindest nicht so, dass eine Mehrheit sich dazu bekennt. Will man Referenzen aufzählen wird es auch recht einsam, denn trotz Anleihen an der Glow Up Dinero Gang und Texten über Affären, Style und Drogen wird hier sanfter und mit mehr Raffinesse gearbeitet, auch wenn die eigentlichen Rapskills dabei nicht herausstechen. Opa Jott wirkt wie ein Fremdkörper im Genre und will man den weiten Bogen schlagen, so wirkt ihm etwa ein Andreas Dorau, der nun auch schon über drei Jahrzehnte mit Nichtgesang über Trottellummen, Flaschenpfand oder das Leersignal am Telefon seinerseits an den Rändern des Popgenres entlanghangelt, gar nicht so unähnlich.


In diesem Sinne: Ein Album, dass sicher für manch heitere Stunden sorgen kann, wenn man sich nicht zu eitel dafür ist und erst recht nicht irgendeine ominöse Rapkultur sauber halten will. Denn das hier ist Sprechgesang, Gesangssprech, kurz, Fake-Rap, in Reinform. Dazu muss man auch für Humor hart an der Schmerzgrenze empfänglich sein, wer aber mit Money Boy, Andreas Dorau oder auch bspw. Tomas Tulpe etwas anfangen kann, wird wohl auch hier auf seine Kosten kommen.