Der Künstler,
dessen Debut ich nun ein paar Worte widmen will, ist ein umtriebiger
Geselle. Bei jeder Gelegenheit infiltriert er leere leere Räume um
sie zu Begegnisstätten mit Kunst zu machen. Die Rede ist von Jörg
Hartmann, der sich vornehmlich im universitären Umfeld Karlsruhes
durch sein Seminar für experimentelles Schreiben, und als Kurator
der Präsentationsabende eben dieses unter dem Titel „KITeratur“
einen Namen gemacht hat. Ist er zufällig gerade nicht damit
beschäftigt, erlebt man ihn auch mal als Opa Jott, wenn verquere
Lyrikfetzen auf funky-groovige Musik treffen, auf facebook: Selten.
Was der Großvater nun wirklich hinter seinem weißen Schleierbart
versteckt hält, wird indes nun auf diesem Album präsentiert, bei
der nicht zuletzt auch diese Rezension Teil der Werbekampagne ist.
Für fleißige opatreue Hofberichterstattung winkt jedem/r
Vorab-RezensionsverfasserIn nämlich ein persönlich beklebter
USB-Stick mit dem Album. Allein schon deshalb sollte niemand diese
Rezension ernst nehmen, denn hier wird geballte Propaganda unters
Volk gemischt, Erwartungen hochgeschraubt, kurz: Die Nachfrage
gestärkt, alles nur, damit Herr Dr. Jörg Martin Hartmann genug Geld
für sein inzwischen schon drittes Speedboat auf sein Konto scheffeln
kann. Und das natürlich völlig zurecht, wie Sie nun gleich lesen
können werden, denn so ein Album haben Sie bislang noch nicht
erlebt. Rap wird nie mehr das selbe sein und Sie werden sich grämen
und Knirschen in der erlöschenden Glut der Abgehängten, wenn Sie
nicht dieses Album kaufen werden. Doch nun ein paar Worte dazuzum
Album:
Was sich durch das
Album als vielleicht sogar einziger Faden zieht ist Style. Und das
hat in diesem Fall nichts mit Gangsterimage, Verschwörungstheorien à
la Prinz Pi oder Doubletimerap nach Kollegah-Art zu tun. Dieses Album
und Opa Jott beweisen hier grundlegend andere Qualitäten. So
überraschen die „Beats“ hier mit Komplexität, Atmosphäre und
Ideen, ja, stehen eigentlich sogar im Vordergrund, während sich die
sanfte Stimme des Opas als Begleitung dazugesellt, sehr prominent
etwa in den Stücken Zeitlos, Nacht oder Geistertanz zu belauschen,
welche allerdings auch nur die ruhigeren Vertreter dieser
Sprach-Melodie-Symbiose sind und was, wie man dann etwa in Pump hört,
auch etwas aktiver geht.
Doch das ist
natürlich nicht die einzige Komponente dieser Albummischung. Denn wo
Style ist, ist Swag nicht weit und schon weiß man, welche Art von
Wortschatz man vorfinden wird. Denglisch, Jugendsprech und
HipHop-Fachbegriffe, sind zwar bei weitem nicht derart häufig wie
beim Wiener Original, dafür wohlgesetzt an den denkbar
ungeeignetsten Stellen, so wird tief einfühlsam gedancet in
Clubnacht, wird upgeturnt in Baem mit extra Schnappatmung und die
Eisbiene ist fly. Beispiele gibt es wie Sand am Meer und jene leiten
auch in den letzten bestimmenden Faktor:
Denn dieser ist ein
überbordernder kreativer Humor, der sich nicht nur an groben Themen
wie dreieinhalb Minuten Abfeiern des Kindereisbechers Eisbiene mit
Technoeinlage, Vampirgeschichten oder der Junkienummer Dämonen
festmachen lässt, sondern auch an einzelnen Textstellen, wenn etwa
der Mond ins Ghetto kracht, wenn an seinem schwarzen Blick gesippt
wird, man wie Gneis im Sommer glänzt, die Beine Dr. Sommer kennen
oder ein Assoziationsspiel zum Hardcore Pumperbattlerap inklusive
Aerobicsound stilisiert wird.
Es wird an allen
Enden etwas geboten, meist mit einem einem ironischen Augenschlag,
bei dem man gar nicht davon auszugehen braucht, dass dies jedermanns
Sache ist, denn ob man nun die Textbilder und Witze akzeptiert und
sich mitnehmen lässt oder in Fremdscham ob der Attitüde von Opa
Jott versinkt, wird sicher manchen bei Hören der Klänge umtreiben
und vermutlich nicht allzu viel von der Öffentlichkeit als Publikum
übrig lassen. Oder zumindest nicht so, dass eine Mehrheit sich dazu
bekennt. Will man Referenzen aufzählen wird es auch recht einsam,
denn trotz Anleihen an der Glow Up Dinero Gang und Texten über
Affären, Style und Drogen wird hier sanfter und mit mehr Raffinesse
gearbeitet, auch wenn die eigentlichen Rapskills dabei nicht
herausstechen. Opa Jott wirkt wie ein Fremdkörper im Genre und will
man den weiten Bogen schlagen, so wirkt ihm etwa ein Andreas Dorau,
der nun auch schon über drei Jahrzehnte mit Nichtgesang über
Trottellummen, Flaschenpfand oder das Leersignal am Telefon
seinerseits an den Rändern des Popgenres entlanghangelt, gar nicht
so unähnlich.
In diesem Sinne: Ein
Album, dass sicher für manch heitere Stunden sorgen kann, wenn man
sich nicht zu eitel dafür ist und erst recht nicht irgendeine
ominöse Rapkultur sauber halten will. Denn das hier ist
Sprechgesang, Gesangssprech, kurz, Fake-Rap, in Reinform. Dazu muss
man auch für Humor hart an der Schmerzgrenze empfänglich sein, wer
aber mit Money Boy, Andreas Dorau oder auch bspw. Tomas Tulpe etwas
anfangen kann, wird wohl auch hier auf seine Kosten kommen.
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