Mittwoch, 9. Oktober 2013

Friday Dunard-Syff #001

Aaaaaaaaaah!
Nach längerer Zeit habe ich mir einmal wieder einen etwas neueren Tonträger zugelegt. Die Verpackung ist überwiegend gelblich. In der Mitte prangt ein Tor, welches in Wirklichkeit ein Ausschnitt aus einem ziemlich dunklen Foto ist. Dazu gesellt sich ein grüner Kreis. Was dies nun genau ist? Die erste Schallplatte und grundsätzlich die erste Veröffentlichung des neuen Karlsruher Labels "Syff", das aus irgendeinem Seitenarm des verkabelkrauteten Karlsruher nildeltas entspringt.

Gemafrei und selfmade bekommt hier Friday Dunard die Gelegenheit irgendetwas technoartiges auf Vinyl zu pressen. Die Titel lauten "Raver 87", "Express" und "Trancer04" und wirken damit fast so kreativ wie der umhauende Titel des Albums/EP/Maxi-Single.

Doch sollte bei einer Rezension die eigentliche Musik im Vordergrund stehen. Zeit also, sich Seite A mit dem Raver (von 1987?) zu Gemüte zu führen.
Ooooooooooooooooh!
Hierbei fällt als erstes der zu Beginn in das Stück hineinstolpernde dumpfe Beat auf, zu dem sich nur kurz darauf ein paar Versuche, neue Elemente hineinzubringen gesellen. Schlüsselbundgeklimper, wird mit frischerem, elektronischen Gewobbel zum neuen Hauptmotiv, neben dem auch immer wieder ein paar kleinere Synthiespielereien hinzukommen. Schön sind nach einer kurzen Dämpfung die kratzigen, dreckigen Elemente, die das Stück aus dieser Pause wieder herausführen. Der Druck hinter dem Bass steigert sich dabei ebenfalls, bis ein kleiner freier Fall hinein in den Wildwasserritt der zweiten Hälfte hineinführt. Eine leichte Anlehnung an dekonstruierte Algorithmencomputermusik folgt und eine längere Ausgleitphase setzt ein, bei der das Volk auf dem Dancefloor immer tiefenentspannter wie ein Goth herumwackeln darf.

Fazit Seite A: Nettes Stück, das ziemlich klassisch einem Höhepunkt entgegenfiebert und danach dem Ende entgegensieht. Nichts weltbewegendes, auch wenn einige eingeworfene Klänge sowie ein dreckiger Bass etwas experimenteller wirken.


Einmal schnell die Schallplatte umgedreht und weiter gehts mit Express. Dieser befindet sich zu Beginn auch in der Selbstfindungsphase, während sich schleichend ein nervöser, schüttelnder Beat unter Fahrstuhlmusik dazugesellt. Ziemlich stetig entwickelt sich das Stück mit Synths und elektronisch imitierten Streichern weiter. Ganz kurz hört man auch Ansätze einer Dampflok, die denn wohl auch Namensgeber des Stückes ist. Der Titel gleitetet danach ohne größere Überraschungen bis hin zum Ende, an dem nur noch ein kurzer Nachsetzer den Hörer erwartet.


FUCK NO!
Das letzte Stück beginnt ziemlich sphärisch und ruhig, dass man schon fast an Experimentalkünstler wie Oren Ambarchi denken könnte. Irgendwann entscheidet sich dann aber doch ein Beat, welcher nur wenig später zu Claps mutiert den Kuschelkurs mit Ambient zu stören. Als Gegner stellt sich ihm allein eine mutige Flöte mit ordentlich Hall entgegen. Etwas später wird dann auch mal die Drummachine übertaktet, um ein paar trötenden Synthklängen PLatz zu schaffen, unter deren Einsatz sich die Grundmelodie wie ein Fluss aus Bonbonmasse dahinzieht. Kleinere Taktspielchen zum Schluss versüßen den Abgang.


Fazit Seite B: Express kann man sich eher als Begleitmusik für einen ICE oder TGV, als für Dampfloks vorstellen, das tut dem Genuss aber keinen Abbruch. Handwerklich definitiv gut gemacht.

Bei Trancer zieht sich die etwas träumerische Stimmung durch, bleibt aber auch im Club verhaftet.


Gesamtfazit: Stabiler Start des Labels. Hier kann definitiv mit der Konkurrenz mitgehalten werden, was jedoch auch schon wieder das Problem der Platte ist. Bis auf wenige Experimente fehlt es ihr doch etwas an eigenen Merkmalen, die sie besonders hervorheben würden. In Zeiten, in denen man auf Beatport binnen einer Minute wohl zehn vergleichbare Stücke findet, kann man es daher wohl als mutig bezeichnen, noch eine Vinylauflage von 300 Stück anfertigen zu lassen. Es bleibt den Leuten hinter Syff nur Erfolg zu wünschen, ist handwerklich doch eine gute Basis vorhanden und wie gesagt die erste Veröffentlichung auch ziemlich gut. Dennoch wäre mehr eigenständiges, als auch -williges für die Zukunft zu wünschen.



Sonntag, 14. April 2013

In Death It Ends-Occvlt Machine

Hipster sind ja inzwischen überall, da ist es höchste Zeit, zu versuchen den Anschluss zu behalten und einmal den neuen tollen Modetrends nachzuspüren. Das letzte, was ich dazu gehört habe war, dass nicht mehr Minimal Dubstep, sondern Witch House voll im Trend läge. Eingedeckt habe ich mich nun unter anderem mit der Schallplatte Occvlt Machine von In death it ends (im Original mit irgendwelchen Runen und umgedrehten Kreuzen geschrieben) direkt bei dem ursprünglichen Tapelabel aufnahme + wiedergabe, das sich inzwischen einen Namen in der Indieszene als Herkunftsort von dunkler bis experimenteller Musik gemacht hat, aber auch als Label, bei dem einen Tag nach Verkaufsstart alles ausverkauft ist, wie auch bei diesem Album geschehen.

Doch zurück zum Thema, denn ich bin ja an dieses Album gekommen und habe es mir bereits mehrere Male durchgehört, bevor ich mich entschlossen habe eine Rezension abzugeben.
Auf die Ohren bekommt man bei Occvlt Machine fast durchgehend dröhnenden Bass, egal ob elektronischer oder instrumentaler Natur. Unheimlich wird es und man denkt glatt, man habe den fehlenden Soundtrack für das Blair Witch Project gefunden. Doch man findet sich hier in dem doch fast noch unheimlicheren Klangwald von Porl King wieder

Frauenfotos im Wald
Mit düsterer Elektronik und immer stampfenderem Beat wird man zu Beginn hereingelockt, um sogleich bei Apparitions mit treibendem Bass und sägender Elektronik durch die unbekannten und genauso unheimlichen Gefilde gescheucht zu werden.
Genauso hektisch aber mit nervöseren Klängen des Bass geht es danach bei Spirits weiter, wobei es teilweise fast schon technoid wird, ehe sich der Titel in einem sphärischen Wasserfall ergießt.

Die folgenden zwei Titel bieten danach fast schon eine Erholungspause von dem bisher erlebten. Ruhig aber dunkel erklingt der Bass zu dem sich technisches Geblubber gesellt. Anders ausgedrückt ist die Wankerlaubnis gegeben. Düstergoths könnten ihre helle Freude an jenen Tönen haben.

Ruhig, aber mit pointierten höheren Gitarrenklängen kommt danach Infinite End daher. Der dazukommende Synthsound geht dabei eine erfrischende sphärische Symbiose mit dem Grundsound ein und macht den Titel zumindest für mich zu einem echten Highlight der Platte.

Ob dieses Ritual wohl christlich ist?
Ruhiger, tiefer und dröhnend bis zur Schmerzgrenze geht danach der Teufel. Als besondere Höhepunkte gibt es im zwischenzeitlich aufgebauten Synthnebel ein paar Beckenexplosionen sowie ein paar kleinere elektronische Spielereien. Insgesamt senkt sich die Stimmung dadurch wieder merklich, ehe es aus der Hölle beim Folgetrack in die Kirche geht. Erstmals hört man in sakralem Ambiente auch menschliche Stimmen. Orgelsound mit Beat prägen das Stück, eine ziemlich gelungene Mischung in meinen Augen.

Man hätte bei dieser Stimmung gerne bleiben können, doch stattdessen geht es wieder schnarrend und schnurrend weiter. Ingesamt wieder treibend kommt damit leider nicht unbedingt eine neue Idee dazu, sieht man von den unverständlich eingestreuselten und verzerrten Sprachfetzen mal ab.

Wesentlich frischer, wenn auch ruhiger ist Souls. Hier wird gezeigt, dass nicht immer nur der Bass geschrammelt werden muss, wird hier doch wunderbar athmosphärischer Ambient geboten, der etwa den Nordlandwerken von Apoptose ziemlich nah kommt. Gespenstisch schön, nur vielleicht, wenn man sich Cold Silent besieht mit dem vertauschten Titel. Zwar ist bei der kalten Stille kein zu schneller voller Sound zu hören, die gezogenen, schnellwabernden Elektronikklänge alles andere als ruhig. Insgesamt nebenbei vielleicht das schwächste Werk auf der Scheibe, wirkt das ganze doch mehr langwierig als furchteinflößend und etwas bemüht, allerdings umsonst.

Das Outro des eigentlichen Albums ist ein kratziges Elektrodröhnen mit sakralem Chor und Stimmengewirr, das man genau so auch als Intro hätte nehmen können, hätte man es gewollt.

Als Käufer der Schallplatte hat man bei der CD-Zugabe dann noch weitere sieben Tracks als Bonus, auf die ich nun jedoch eher überblickend eingehe. Insgesamt ist der Bonusteil etwas experimenteller und minimaler. Insbesondere Malevolent, also Bonustrack vier hat es mir angetan, mit hartem Elektrodröhnend und verschwimmenden Bass. Aber auch sonst gibt es im Bonusteil einige interessante Spielereien bis zu Klängen verfremdeter Bongos. Eine sehr nette Dreingabe, eigentlich ein ganzes Tape.


Diese Schallplatte ist weiß

Fazit:

Gelungen ist dieses Album definitiv und trotz verschiedenster Spielereien an Instrumenten und Elektronik ziemlich homogen. Es passt einiges. So sehr, dass es schwer sein dürfte, sofern es Konzerte gibt, sich irgendwelche Favoriten herauszupicken, sind doch alles mehr vertonte Ideen, die jedoch alle in einem Klangkosmos beheimatet sind. Jedenfalls aber zementiert das Album, sofern dies bisher nicht ankam, das Klangbild von In death it ends, das man schon in Forgotten Knowledge mit auf den Weg bekam. Kleinere Mankos verstecken sich jedoch auch gerade darin. Es wirkt zwar alles zusammen, doch insbesondere bei den ersten vier Tracks ensteht durch das Abflauen der Musik zum Schluss doch der Eindruck einer Auflistung. Ganz mutige extreme Abweichungen konnte man hier nun auch nicht erleben, von daher bleibt, was die Entwicklung angeht, auch etwas wie ein Fragezeichen offen, wobei man sich diesbezogen bei der Band mit Plänen von zwei 17 Minuten-Tracks wohl eher weniger Sorgen zu machen bräuchte. So bleibt insgesamt zu sagen, dass für Fans des Projekts dieses Album sicher kein Fehler sein kann und für Neulinge gerne auch großartig sein kann. Drehen sollte sich die weiße Schallplatte überall, fürs Verstauben ist es zu schade.

Freitag, 15. März 2013

Adieu deutsches Kulturfernsehen

Erst wenige Jahre ist es her, als das ZDF seine neuen digitalen Spartenfernsehsender aus dem Boden stampfte und plötzlich gab es tatsächlich wieder Fernsehen, das sich zu sehen lohnte. Kulturformate neben dem traditionellen Tracks, Sendungen, die endlich die Jugend ansprachen, auf welche die öffentlich-rechtlichen jahrelang ihre Fäkalien verstreut hatte, Musikformate waren fast gänzlich ausgelöscht worden, die Gamerszene spielte außer nach Amokläufen in einseitigen Gesprächsrunden keine Rolle. Was blieb war Game One auf MTV, welches spätestens nach dem Tod von Giga ganz Fernsehdeutschland mit News zu Spielen versorgen musste. Und auch sonst blieb nicht mehr viel übrig, wollte man nicht Rosamunde Pilcher oder sonstige reiche Schnösel mit uninteressanten Problemen im ZDF-Hauptkanal erleben musste man sich zum zehnten Mal alte Reportagen auf phoenix anschauen oder auf das monatliche Bauerfeind in 3Sat warten, es sei denn, man wollte über eine klassisch gehaltene Neuinterpretation der Zauberflöte in Wien durch einen alten Mann informiert werden.

Doch plötzlich schien die öffentlich-rechtliche Ödnis der Vergangeneheit anzugehören. Junge, frische und unverbrauchte Moderatoren leiteten plötzlich durch den Tag, ohne den Eindruck zu erwecken, die Großeltern um keinen Preis verschrecken zu wollen. Neue Formate wie Pixelmacher starteten auf zdf.kultur und auch das erst kürzlich preisgekrönte Roche & Böhmermann ließ nicht allzu lange auf sich warten. Im Sommer wurden plötzlich ganze Musikfestivals übertragen, der kulturpalast kam ins Leben und berichtete endlich einmal ansprechend über wirklich neue kulturelle Strömungen und Ereignisse, ohne die wirkliche Kulturlandschaft dabei außer Acht zu lassen. Dazu kamen fast von Beginn schon Themenwochen in welchen von Dokus bis zu Filmen fast alles gezeigt wurde, was zu einem Thema möglich war. Es hatte sich etwas bewegt und man fühlte den Bildungsauftrag des öffentlich-rechtlichen mehr denn je, ohne sich dabei zu langweilen.

Es ist 2013 und man erkennt merklich, dass die Aufbruchsstimmung abgeebbt ist. Bei zdf_neo hat man Joko & Klaas von dannen ziehen lassen, nachdem bereits ein halbes Jahr davor Stuckrad-Barre zu Tele5 gewechselt war. Bei zdf.kultur verlor man Roche & Böhmermann und jetzt soll der ganze Sender weggespart werden, der Marker verabschiedet sich dazu auch gleich mal. Bei dem Experimentiersender hat es sich damit ausexperimentiert, viel fiel den Verantwortlichen nach Wegfall der ersten Formatwelle auch nicht mehr ein und die für die Priv...äh...öffentlich-rechtlichen Sender so wichtige Quote blieb ja auch so niedrig, 0,1 % bei zdf.kultur, da muss man reagieren. Alte Menschen, die gerne ihre Fernsehgewohnheitsdaten weitergeben haben Deutschland im Griff, digitale Aufrufe zählen nicht. Dass das Fernsehen stirbt sieht man nicht, dass das Fernsehen mit solchen Kahlschlägen auch den letzten Interessenten verliert interessiert noch weniger. Zwar sollen die Eigenproduktionen gerettet werden, dennoch ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit, bis zdf_neo auch seinem Bruder folgen wird. Sarah Kuttner wird mit Bambule auch nicht ewig den Sender halten können, dafür kosten aber ja immerhin alte Startrekfolgen weniger als Neuproduktionen.

Es bleibt festzuhalten, dass das zarte Pflänzchen von unverbrauchtem Kulturfernsehen wieder am eingehen ist, also schmieren Sie sich doch mal einfach wieder eine schöne Kotstulle und schauen Reich & Schön oder wie das heißt. Auf jeden Fall irgendwas, wofür man trotz Sparmaßnahmen noch genug Geld übrig hat.

RIP zdf.kultur

Mittwoch, 6. März 2013

Martin Schüttler-Pelze und Restposten

... und Restposten


Immer mit der Absicht, meinen musikalischen Hörerhorizont zu erweitern verschlug es mich kürzlich in den ZKM-Museumsshop in Karlsruhe, welcher neben vielen museumstypischen Bildbänden auch einige obskure CDs beinhaltet, bei denen ich mir den Kauf einer solchen nicht verkneifen konnte. Die Wahl fiel hierbei auf Pelze & Restposten des ehemaligen ZKM-Dauergastkünstlers Martin Schüttler.

52:04 Minuten geht die gesamte Werkschau und beginnt mit dem Stück „entnahme 1“, welches laut der Heftbeilage mit den zwei anderen einminütigen entnahmestücken einzelne Materialaspekte betrachtet. Anhören tut sich dies bei der ersten Version wie eine Art Gong unter Wasser, dazu gesellt sich seltsames Knarzen und etwas, das sich anhört wie Überdruck auf ein verklebtes Ohr auszuüben. Auch ein langgezogenes elektronisches Quaken zieht sich wie ein Gummiüberzug darüber. Erinnerungen an nervige Lounges oder aber auch einen Teich am Morgen werden geweck, auch wenn letzterer steril wirkt. Für mich ist hierzu zu sagen, dass das gesamte Werk fast durchgehend eine gewisse Grundsterilität ausstrahlt. Fremdartige Musik, die unzuordenbar sich in einem weißen Nichts bewegt. Dass solche Gedanken bereits beim ersten Stück entstehen kann dabei wohl durchaus gewollt sein, wenn man, wie das Beiheft sagt, davon ausgeht, dass diese als Ouvertüren zu den einzelnen Akten zu verstehen sein sollen.

Linked trips ist sodenn der Name von Stück Nummer 2. Ein Violoncello wird anfänglich malträtiert und bietet mit etwas, das an Glasorgel erinnert einen dunklen Anfang, welcher mit Knarzen zu undefinierbarem hohen Gesang überleitet, welcher sich alsbald wohl mit einer Flöte vermischt, ehe er abrupt durch lautes Gehämmere mit Knarzen unterbrochen wird, um alsbald jedoch wieder fortzufahren, um dann nach einiger Zeit wieder durch Hämmern unterbrochen zu werden. Die Gesamtgestalt wird dennoch ruhiger, auch wenn sich ab und an ein Knarzen in die Gesangspassagen wagt und gesangsbegleitende Materialien, wenn auch ungeheuer schmerzend hell, sich in das wilde Gehämmer mischen. Der Rest das Titels fährt in diesem Sinne weiter so fort. Insgesamt wie auch beschrieben eine immergleiche ansatzweise Mischung von Extremen, die insgesamt trotz ruhiger Passagen ziemlich unruhig macht, muss man doch immer damit rechnen mit einem Hammerinferno aus der Ruhe gerissen zu werden.

Gänzlich angenehmer ist scheinbar der etwas lang geratene Zitattitel „das mitleid ist die geißel der menschheit, sherriff“ Lange, fiepige, aber ruhige Passagen erinnern fast schon an etwas einfallslosen Ambient. Etwa ab der zweiten Minute wird diese ganze Athmosphäre jedoch von einem immer anschwellenderen Elektronengewitter überlagert. Insgesamt bietet dieses Experimentalstück einen Krieg zwischen Vierkanaltonband und Ghettoblaster, sofern der wohl ruhigere Teil vom Ghettoblaster kommt ist dabei definitiv zu sagen, dass er chancenlos unterlegen ist, auch wenn er noch zeitweise bewusst zu Wort kommen darf. Sofern bis zum Abschluss des Mittelteils noch etwas von den Hörorganen übrig geblieben ist, kann man die Ghettoblasterwiedergabe des Ausgangsmaterials (einer defekten Audiodatei) sogar noch genießen.

Augenbildermusik soll angeblich das Auftreten von Schemen, Bläschen und Verschwinden derer beim Schließen der Augen in Gegenlicht vertonen. Dazu spielt fast ohne Linie wild ein Akkordeon umher, wird gehämmert und hochfrequent eine Art Spannungsbogen erzeugt. Insgesamt gibt es immer Unterbrechungen, die darauf zurückzuführen sind, dass dieses Stück eigentlich aus mehreren besteht. Insgesamt wirkt das ganze zuweilen mysteriös, manchmal auch einfach unverständlich. Ich weiß nicht ob ich so etwas in dieser Form darstellen würde. Tonal wirkt das ganze wieder minimal und unruhig. Moderne Musik die mit Ambient anbandelt und zumindest hier was die Elemente angeht immer sehr flüchtig ist, wie wohl auch das, was sie optisch darzustellen versuchen.

Weiter geht das ganze mit entnahme 2, welches ich hier ausdrücklich als Kopfhörertipp nahelegen möchte. Klanglich kann man es wohl, zumindest aus meiner Sicht, als Kurzschluss im Hirn darstellen, der mit einem Fiepen zum Schluss ausläuft.

Dieses wird zu Beginn von taped & low bit dann nochmal wesentlich hochfrequenter und schmerzhafter. Dem schon harten Beginn gehen schnell noch aggressives Rauschen und eine oder ein SängerIn zur Hand.Der Gesang fiept hoch mit Unterbrechungen einen Text und wird mit ein und aussetzendem Rauschen zu einer apokalyptischen Mischung. Eine tiefere Stimme kommt ebenfalls hinzu. Kleinere ruhigere Passagen existieren zwar, allerdings zumeist nur um dann noch aggressiver als zuvor fortzufahren. In der Mitte bildet gar eine extrem schlechte Kaufhausmelodie diese Ruhepassage, bevor es wieder extrem lärmend und extrem kitschigem Text weitergeht. Insgesamt eine Aussage gegen eine lärmende Werbeindustrie, die darin versteckt liegt, die keine wirkliche Ruhe findet. Gut möglich. Vielleicht aber auch einfach nur eine heiße Liebschaft, die der Groschenromantext auch hergeben könnte, mit musikalischen Elementen ausgedrückt. Letztlich ist alles nicht so ganz klar

Die letzte Entnahme ist fast durchgehend tief und erinnert enternt an die „Nachrichten“ aus Kraftwerks Radio-Aktivität. Die Aussage, der Gedanke bleibt zumindest mir etwas verschlossen...

Der Abschluss Gier ist zu etwa zwei Dritteln ein Gemisch aus mit Klavier begleitetetem Murren und unzufriedenen Jammern, das aus den Musikinstrumenten irgendwie rausgequetscht wurde, unterbrochen, weitergeführt. Die Pausen werden größer, am Ende verstirbt alles und eine ruhige, wenn auch düstere Melodie klingt sehr langsam aus, bis nur noch ein leises Brummen bleibt. Insgesamt ein ziemlich schroffes Klangerlebnis, das insgesamt wohl auch ein Verlangen darstellen kann, eine ewige Suche, auf der alles zerstört wird. Am Ende bleibt nur Leere und Erschöpfung. Sicherlich eine mögliche Deutung. Dieses letzten Stückes von Pelze und Restposten.


Fazit:

Pelze & Restposten ist ziemlich sicher eine Veröffentlichung, die vom Musikrat gefördert werden musste, ist das Produkt doch in gewisser Weise noch mutiger als moderne Musik und gleichzeitig für wahrscheinlich fast jeden noch schmerzhafter als Harsh Noise. Das Zielpublikum wohl am ehesten noch Hipster an Musikhochschulen.
Musikalisch gibt es allerdings für den Hörer, der sich auf das Erlebnis oder die Tortur, je nach Auslegung, einlassen will einige sicherlich interessante Elemente zu entdecken, alllerdings wird man damit als DJ nicht besonders weit kommen, überschreitet für viele dieses Werk bereits die Grenze zwischen Abfall und Schallwaffe.

Für mich persönlich ist das Album definitiv eine gute Erfahrung. Favoriten, soweit ich sie benennen kann sind dabei entnahme 2 und gier, in welches ich auch empfehle hineinzuhören, wenn man bestimmen will, ob dieses Werk etwas für sich selbst sein kann. Das Hörgefühl schwankt insgesamt zwischen Atempausen und Unruhe und unerträglichem Gelärme. Ein akustisches, 50-minütiges Nasenbluten in normal rinnend bis zu dem von Animecharakteren. Grausig, aber durch den Blutverlust schon wieder geil.

Donnerstag, 31. Januar 2013

Brigade Rosse-Nachts am Fenster

Die minimalen Terroristen von Brigade Rosse, haben nach größeren Verzögerungen schon letztes Jahr ihr zweites Album „Nachts am Fenster“ herausgebracht. Höchste Zeit ein paar Worte über die Weiterführung dieses Projektes ein paar Worte zu verlieren.

Beginnen tut das Ganze ein weiteres Mal mit gesprochenen Worten zu einer Melodie die nun weitaus mehr Raum bekommt, als dies bei dem Gefühl von Ulrike Meinhof noch der Fall war. Unter Elektronengepiepse zu melancholischen, langgezogenen Tönen wird repetitiv der Titel „Wir sind die Toten“ gesampelt. Ein ungutes Gefühl schleicht sich bereits hier ein. Fragen entstehen, wie lebt man heute, viel bitterer ist jedoch die Frage, wie geht die Welt da draußen mit einer Schlussfolgerung um, dass es kein Leben mehr gibt? Die Antwort die hier geliefert wird ist, sofern gewollt, Gleichgültigkeit. Es ändert sich nichts und die Stimmen sind nicht wütend, nicht traurig sondern emotionslos. Böse Zungen könnten auch von einem willkürlich ausgewählten cool wirkenden Sample ausgehen, was jedoch kaum der Anspruch der beiden Anonymen sein sollte und auch sein wird.

Das folgende „Im Rausch“ ist dann wohl auch zugleich der Titelsong des Albums, findet man sich doch nun nachts am Fenster wieder. Zu Drumcomputer und getragenen Melodien wird ein Grauen der Nacht angesprochen, das jedoch ncht wie gewünscht „am Morgen verschwunden“ sein wird. Stattdessen geht es wohl um Tristesse an jedem einzelnen Tag. Man sieht nachts was ist und wird doch nicht aufhören dank einer Hoffnung, deren Enttäuschung am nächsten Tag ein weiteres Mal betäubt wird. Natürlich ist dies allerdings auch anders deutbar, denn die Texte bleiben gewohnt minimalistisch und nebulös.





Mit traurigem Klang und Klavier wird „Kein Feuer“ eingeleitet, ein Titel in dem Samples und eigene Stimme sich zusammenschließen für einen Gesang über Leben ohne Leben. Eine endlose Qual und ein Titel der den Hörer in ein schwarzes Loch blicken lässt. Grausam schön.

Sehr minimal gehalten ist „Allein mit Dir“, auch was die Akteure angeht, ist das Du hier offensichtlich immer noch das eigene Ich. Vermutlich geht es aber um eine Entfremdung von diesem. Elektronisch verzerrt wird dem eigenen Selbst hinterhergeschmachtet. Die depressive Grundhaltung des Albums wird auch weiterhin durchgehalten.

Sehr treibend bis fast tanzbar wird dann die Röntenaugenmixversion (das Original ist noch nach dem letzten Track zu hören). Thematisch geht man hier etwas zu Entzauberung der Welt zurück. Eine bedrückende Analyse einer verlogenen Welt. Der etwas schnellere Serpentremix gibt dazu auch noch einen gewissen Schritt der Zeit-Touch, einer der besten Tracks des Albums.

Danach folgt ein Sequel, dessen Bedeutung ich immer noch nicht ganz einzuschätzen vermag, wirkt der Satz doch auch wie abgeschnitten. Ansonsten findet man sich in einer anscheinend überwachten Welt. Dass die angesprochenen Proletarier nicht auf der Straße sind könnte auch ein Hauch von Kritik sein. Man weiß es nicht, vielleicht macht das aber gerade den Charme dieses Werkes aus.

Vermutlich wird es jedoch eher auf Überwachung hinauslaufen und das Stück vielleicht auch aus 1984 entstammen, jedenfalls beschäftigt sich Puppe aus Luft doch eingehend mit Kontrolle, wenngleich ich jedoch den Refrain immer noch nicht verstanden habe, wird hier doch extremst mit Stimmverzerrung gespielt, während der restliche Song angekratzt elektronisch mit kleinen Melodiespielchen vonstatten geht.

Nochmal weitaus kratziger wird dann „Weisses Rauschen“, dazu gesellt sich teilweise eine epische Zusatzmelodie sonst gibt es etwas elektrisches Xylophon im Hintergrund. Der Text wird hier zuweilen äußerst metaphorisch, sodass zumindest mir sich der Titel inhaltlich über weite Strecken entzog. Eine Automatisierung, weil Metall in den Adern pulsiert? Ich weiß es nicht. Ich hoffe dass wenigstens die Macher das noch wissen und nicht willkürlich irgendwelche Begriffe andeinandergereiht wurden.

Weitaus verständlicher wird dann auch wieder die Albumversion von „Tatort Neon“. Ein abgekapselter Blick zu düsterer Melodie auf Feier- und Konsumkultur. Sogar Kraftausdrücke werden erstmals verwendet und bieten eine verbitterte Sicht auf den Mainstream. Ziemlich gut gemacht.

Der einzige englische Song „In every Face“, scheint dann auch der einzige Song zu werden, den man wohl als Lovesong beschreiben könnte, auch wenn die Liebe hier wohl eher schon vorbei ist und am liebsten vergessen wäre. Düstere Melodie, bedrückende Stimmung. Ebenfalls definitv überzeugend.

„Leben in Schwarzweiß“ hat man ja bereits schon vom Livetape kennenlernen können und dennoch bleibt der Text kryptisch. Eine Deutung ist dabei sicherlich ein festgeschriebenes Leben, das die Träume nach und nach in den Hintergrund rückt. Die Stimmung bleibt düster mit hellen Klängen, die im Vordergrund aufflackern.

Der Psychic Force Remix von Im Rausch macht den Titel dann zu einer industrialartigen Stampfnummer, nicht so ganz das beste, was man machen konnte, würde ich meinen.

Das vorläufige Ende macht dann wohl wieder ein 1984-Zitat und greift dabei nochmal den Beginn auf. Nach längerer Pause kommt dann die ebenfalls gute Originalversion von „Röntenaugen“, bevor ganz am Ende noch ein weiteres Sample kommt und in die Leere schauen lässt.


Fazit:


Der Albumtitel lässt einen distanzierten Blick auf das Leben vermuten, doch dem ist hier nicht so. Es wird hereingestiegen in ein Leben in einer Gesellschaft, das als Elend erkannt wird. So düster wie möglich wird versucht den Feind, der für alles verantwortlich ist, zu packen und doch bleibt dieser unbekannt. Man bleibt leer zurück nach Genuss dieses Albums mit einem etwas unguten Gefühl in der Magengrube, dass hier etwas nicht stimmt.
Musikalisch wird es etwas insgesamt weniger kratzig als das Erstlingswerk, aber immer noch minimal. Die Stimmen werden mehr verzerrt. Der Klang wurde etwas trockener. Die minimale Alternative für all jene, denen welle: erdball zu fröhlich sind, aber auch alleinstehend eine Perle der Szene und eine Schande, dass bei 300 Stück, das Hauslabel noch immer Exemplare auf Lager hat.

PS: Booklet enthält Zitate und Bilder, aber keine Texte

Mittwoch, 30. Januar 2013

Es wird neue Posts geben

Ja und zwar wird sich dieser Blog auf ein Rezensionsmodell einschießen, denn wie verarbeitet man denn sonst am besten gemachte Erlebnisse als Privatperson?

Einen normaln sachlaichen Bericht meint ihr? Nein, diesen Stiefel will ich mir nicht anziehen, ich bin ich und kein Journalist, also versuche ich erst gar nicht so zu tun, als wäre ich ein neutral. Ich sage meine Meinung und ihr könnt sie dann kommentieren gut oder schlecht finden und damit könntet ihr vielleiht sogar mehr anfangen können, als mit einem Bericht, der subtil versucht die Meinung des Autors in euren Kopf einzuschmuggeln.

Also, äh, stay tuned und freut euch auf CD-Rezensionen, Brüderle-Rezensionen und Schatmeister-der-Piratenpartei-die weder-per-Mail-noch-telefonisch-erreichbar-sind-und-keine-Rechnungsprüfung-zulassen-Rezensionen.

Bis dahin: verbringt eure Zeit mit etwas anderem oder lest die anderen beiden tollen Posts in diesem Blog,

Euer Oblomow